Saatgutrecht

Geräteentwicklung von bäuerlicher Hand
Foto: BML / LFZ Gumpenstein/Buchgraber

Die Verwendung von geeignetem Saatgut ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg der pflanzlichen Produktion. Das Saatgutrecht ist in der EU weitgehend harmonisiert.

Die Umsetzung der Saatgutverkehrsrichtlinien der EU erfolgt durch das Saatgutgesetz 1997 und den darauf basierenden Verordnungen, der Saatgutverordnung 2006, der Saatgut-Beiz-Verordnung, der Saatgut-Gentechnik-Verordnung und der Saatgut-Anbaugebiete-Verordnung. Die technischen Standards, Anforderungen und technischen Verfahren werden in den Methoden für Saatgut und Sorten geregelten, die regelmäßig vom Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) im Sorten- und Saatgutblatt veröffentlicht.

Saatgutgesetz 1997

Das Saatgutgesetz 1997 regelt die Sortenzulassung, die Saatgutanerkennung und Saatgutzulassung, Inverkehrbringen von Saatgut sowie die Saatgutverkehrskontrolle.

Geltungsbereich:

Dem Saatgutgesetz unterliegt nur Saatgut jener Arten, die im Artenverzeichnis gemäß der Saatgut-Verordnung angeführt sind. Das sind: 

  • Landwirtschaftliche Arten
    • Getreide inkl. Mais und Hirsearten
    • Futterpflanzen
    • Gräser
    • Leguminosen
    • Öl- und Faserpflanzen
    • Beta-Rüben
    • Kartoffel
  • Gemüsesaatgut

Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Saatgut:

Saatgut darf nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die Sorte zugelassen ist und es amtlich anerkannt oder zugelassen (zertifiziert) ist. Weiters müssen die Kennzeichnung und Verpackung entsprechen.

Die Verwendung von Saatgut fällt nicht unter das Saatgutgesetz 1997, sondern wird in den Landesgesetzen geregelt.

Saatgutanerkennungsverfahren

Das Saatgut muss zahlreiche technische Anforderungen insbesondere hinsichtlich Sortenechtheit, Sortenreinheit, Keimfähigkeit und Gesundheitszustand gemäß den Methoden für Saatgut und Sorten erfüllen. Eine wichtige Voraussetzung für Zulassung bzw. Anerkennung von Saatgut ist, dass das Saatgut von einer Sorte stammt, die über eine Sortenzulassung verfügt. Die technischen Anerkennungsvoraussetzungen werden in Feldbegehungen und in Laboruntersuchungen festgestellt.

Zuständige Behörde für Anerkennung und Zulassung ist das Bundesamt für Ernährungssicherheit als Saatgutanerkennungsbehörde.

Meldepflicht:

Betriebe, die Saatgut  erzeugen, abfüllen oder für andere bearbeiten und erstmalig oder wiederverschlossen in Verkehr bringen, haben diese Tätigkeit dem Bundesamt für Ernährungssicherheit zu melden.

Der Betrieb hat über Menge und Identität des verwendeten Ausgangssaatgutes und des abgegebenen Saatgutes Aufzeichnungen zu führen.

Kennzeichnung und Verpackung:

Saatgut darf nur in bestimmter Verpackung und unter Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften in Verkehr gebracht werden.

Sortenzulassungsverfahren:

Eine Sorte wird vom BAES als Sortenzulassungsbehörde, nach Anhörung der Sortenzulassungskommission, dann zugelassen, wenn sie im Rahmen der Registerprüfung

  • unterscheidbar,
  • homogen und
  • beständig ist,
  • im Rahmen der Wertprüfung landeskulturellen Wert hat und
  • eine in die Sortenliste eintragbare Sortenbezeichnungen bekanntgegeben wurde.

In manchen Fällen entfällt das Erfordernis des landeskulturellen Wertes (z.B. Gemüse; Gräser, die nicht zur Nutzung als Futterpflanzen bestimmt sind). Vor der Zulassung ist die Sortenzulassungskommission als Gutachtergremium anzuhören.

Die Sortenzulassung ist eine Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Saatgut und darf nicht mit dem Sortenschutz verwechselt werden.

Saatgutverkehrskontrolle:

Die Einhaltung der Bestimmungen über des Saatgutgesetzes 1997 werden vom BAES im Rahmen der Saatgutverkehrskontrolle bei den Inverkehrbringern kontrolliert.

Saatgutverordnung 2006

Mit der Saatgutverordnung 2006 wurden Durchführungsbestimmungen zum Saatgutgesetz 1997 erlassen. Dadurch werden geregelt:

  • Termine für Anträge auf Anerkennung oder Zulassung,
  • Erhaltungssorten,
  • Versuchssaatgut,
  • Pflanzenvermehrungsmaterial aus ökologischem/biologischem heterogenem Material,
  • Autorisierungen,
  • Artenliste.

Erhaltungssorten

Die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft ist ein wichtiger Faktor für die nachhaltige Entwicklung der Agrarproduktion und des ländlichen Raumes.

Saatgut von Landsorten und anderen Sorten, die natürlichen örtlichen und regionalen Gegebenheiten angepasst und von genetischer Erosion sind, erfüllt aber häufig nicht die Voraussetzungen für eine Sortenzulassung. Um dennoch die Vermarktung von Saatgut solcher Sorten zu ermöglichen, wurden seitens der EU besondere Regelungen für die Zulassung von Erhaltungssorten und für das Inverkehrbringen von Saatgut dieser geschaffen:

1. Richtlinie 2008/62/EG (Landwirtschaftliche Arten und Kartoffeln)

2. Richtlinie 2009/145/EG (Gemüse)

3. Richtlinie 2010/60/EU (Futterpflanzensaatgutmischungen)

Für Erhaltungssorten gibt es ein vereinfachtes Sortenzulassungsverfahren. Um zu gewährleisten, dass das Inverkehrbringen von Erhaltungssorten tatsächlich zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen erfolgt, gibt es Beschränkungen hinsichtlich der Ursprungsregion.

Da es Mengenbegrenzungen für das Inverkehrbringen von Saatgut von Erhaltungssorten gibt, müssen die zur Inverkehrbringung vorgesehenen Mengen dem BAES gemeldet werden, das gegebenenfalls eine Mengenzuteilung vornimmt. Bei Saatgut von Sorten, die für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden (Gemüse), erfolgt die Mengenbeschränkung dadurch, dass der Verkauf nur in Kleinpackungen zulässig ist.

Auch Saatgut von Erhaltungssorten und von Sorten, die für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, unterliegt der amtlichen Kontrolle.

Pflanzenvermehrungsmaterial aus ökologischem/biologischem heterogenem Material

Gemäß § 4b Saatgutverordnung 2006 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2018/848 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1189/2021 ist Vermehrungsmaterial aus ökologischem/ biologischen heterogenem Material vom verantwortlichen Inverkehrbringer vor dem erstmaligen Inverkehrbringen dem BAES mittels eines Dossiers zu notifizieren. Entspricht Pflanzenvermehrungsmaterial aus ökologischem/biologischem heterogenem Material den Anforderungen wird es vom BAES in eine amtliche, gebührenfreie Liste eingetragen und ist verkehrsfähig. Die Amtliche Liste wird regelmäßig im Sorten- und Saatgutblatt veröffentlicht werden. Verfügbares heterogenes Pflanzenvermehrungsmaterial wird in der Folge in die Bio-Saatgutdatenbank eingetragen. Die Verkehrskontrolle obliegt dem BAES.

Das Dossiers zur Notifizierung hat zumindest Folgendes zu enthalten:

  1. die Kontaktangaben des Antragstellers;
  2. die Arten und die Bezeichnung des ökologischen/biologischen heterogenen Materials;
  3. eine Beschreibung der wichtigsten agronomischen und phänotypischen Merkmale, die der betreffenden pflanzlichen Gesamtheit gemein sind, einschließlich der Züchtungstechniken, der gegebenenfalls vorhandenen Versuchsergebnisse bezüglich solcher Merkmale, des Erzeugungslandes und des verwendeten Elternmaterials;
  4. eine Erklärung durch den Antragsteller über die Richtigkeit der Angaben.

Das BAES legt ein Formular dazu auf.

Saatgut-Beiz-Verordnung

Werden Pflanzenschutzmittel bei der Beizung von Saatgut unsachgemäß angewendet oder wird das chemisch behandelte Saatgut nicht in geeigneter Weise ausgebracht, kann es durch Abrieb zu einer Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier oder der Umwelt kommen.

Um dieses Risiko zu verringern, wurde die Saatgut-Beiz-Verordnung erlassen, die Regelungen bezüglich des Abriebs und der Kennzeichnung von Saatgut (insbes. Maissaatgut) enthält, dem ein Pflanzenschutzmittel anhaftet, das zumindest einen insektiziden Wirkstoff enthält.

Saatgut und GVO-Verunreinigungen

Zum Schutz vor GVO-Verunreinigungen wurden in Österreich die Saatgut-Gentechnik-Verordnung und die Saatgut-Anbaugebiete-Verordnung erlassen.

Die Saatgut-Gentechnik-Verordnung legt für bestimmte Arten Grenzwerte für GVO-Verunreinigung von Saatgut nicht gentechnisch veränderter Sorten mit GVO fest.