Mühlviertler Hopfen
 

unbekannt
Foto: Isabella Hewlett

Traditionelle Pflanzung von Hopfen (Humulus lupulus L.) im lokal begrenzten Gebiet Mühlviertel.
 

Registernummer: 260

Offenlegungsdatum

Erste Erwähnung des Hopfenbaus im Urbar des Stiftes Wilhering im 13. Jahrhundert.

Titel

Mühlviertler Hopfen

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Pflanzung von Hopfen (Humulus lupulus L.) im lokal begrenzten Gebiet „Mühlviertel“.
Mühlviertler Hopfen umfasst
Hopfensorten, die sich besonders gut an das Klima sowie an die Bodenbedingungen der Region angepasst haben.
Der hauptsächlich in der Region angebaute Aromahopfen besticht durch seinen feinen Geschmack und sein einzigartiges Aroma. Traditionell wird der Hopfen zu Bier weiterverarbeitet.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Hopfen

Name der Region

Mühlviertel, Oberösterreich, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Hopfenbaugenossenschaft eGen., Neufelden

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Hopfenbaugenossenschaft eGen., Neufelden

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Die erste urkundliche Erwähnung des Hopfenbaus im Mühlviertel stammt aus dem 13. Jahrhundert aus dem Wilheringer Urbar. Der Hopfenbau stellte als einen von vielen Zweigen der Landwirtschaft oftmals einen Zuverdienst dar, der zwar arbeitsintensiv war, aber auch lukrativ sein konnte. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Hopfenfelder bewusst als typisches Symbol für die Region auf Ortsbildern und -fotografien festgehalten. So wurde die Bedeutung, als auch der Beitrag des Hopfenbaus zur Mühlviertler Kulturlandschaft sichtbar gemacht.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr der Hopfenbau großen Aufschwung in der Region und erlangte seine wirtschaftliche Bedeutung vor allem in der Bierherstellung. Die erste bekannte Zahl zur Hopfenbaufläche im Mühlviertel stammt aus dem Jahre 1878, in dem umgerechnet zirka 465 Hektar angeführt werden, etwa drei Viertel entfallen auf die damaligen Gerichtbezirke Neufelden und Rohrbach.
Während des Ersten Weltkrieges von (1914 – 1918) wurde das Bierbrauen eingeschränkt und so sank durch die mangelnde Nachfrage auch die Anbaufläche für Hopfen drastisch. Gab es 1910 mit 522 Hektar die absolut größte aktuell bekannte Ausdehnung der Hopfenbaufläche im Mühlviertel, so waren es 1918 nur mehr 70 Hektar. Nach Bemühungen zur Steigerung von Qualität und Fläche in den 1920er-Jahren fielen die Preise und damit auch die Hopfenanbauflächen mit der Weltwirtschaftskrise ab 1929 rasant. 1933 gab es zwischen 15 und 20 Hektar, 1936 schließlich 32 Hektar Hopfen im Mühlviertel.

Ein vorläufiges Ende fand der Hopfenbau im Gebiet des heutigen Österreichs schließlich im Jahr 1939. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische „Deutsche Reich“ 1938 und der Annexion der „sudetendeutschen Gebiete“ im selben Jahr, befand sich das kleine Hopfenbaugebiet Mühlviertel im gleichen Staat mit den großen und namhaften Hopfenbaugebieten Mitteleuropas, wie Hallertau oder Žatec (Saaz). Durch die zentralisierte Landwirtschaftsplanung im nationalsozialistischen „Deutschen Reich“ wurde daher eine Rodung der noch verbliebenen Hopfenfläche im Gebiet des heutigen Österreichs angeordnet. Pro Hektar gerodete Hopfenbaufläche wurde eine Rodungsprämie von 3000 Reichsmark ausgeschrieben.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren die heimischen Brauereien vollständig auf Hopfenimporte angewiesen. Daher wurden auf Ersuchen der österreichischen Brauindustrie ab 1948 Hopfenbauversuche durchgeführt und anschließend der Hopfenbau im Mühlviertel wieder aufgenommen. 
Langfristige Abnahmeverträge sollten dabei die nötige Sicherheit für die landwirtschaftlichen Betriebe bringen.
1951 wurde die OÖ Hopfenbaugenossenschaft gegründet und der erste Abnahmevertrag mit den Brauereien unterzeichnet.

Ein Jahr später, 1952, wurde die Hopfenschwefeldarre in Neufelden gekauft, um mehr Lagerfläche für den Hopfen zu erhalten sowie Platz für die weitere Verarbeitung des Hopfens zu haben.

In den darauffolgenden Jahrzehnten folgten Modernisierungsschritte wie die Errichtung von Drahtanlagen anstatt von Hopfenstangen, der Ankauf von Pflückmaschinen, der Neubau von Darren, der Ankauf von Maschinen sowie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
In der Hopfenbaugenossenschaft wurden eine neue Verpackungslinie und 1960 eine Schwefelkammer sowie 1981 eine Pelletieranlage angeschafft und errichtet.

Im Jahr 1996 wurde die Erzeugergemeinschaft für Mühlviertler und Waldviertler Hopfen gegründet und umfasste 42 Mitglieder (37 im Mühl- und 5 im Waldviertel). Davon wirtschaften 7 Betriebe biologisch.

Im Jahr 2022 kultivieren 34 Betriebe in der Region Mühlviertel Hopfen, davon produzieren 9 Betriebe auf einer Fläche von rund 32 Hektar nach biologischen Richtlinien. Insgesamt werden 160 Hektar Hopfen bewirtschaftet, der biologische Anteil liegt bei 19 Prozent.

Gebiet/ Region:

Im Mühlviertel wird Hopfen auf einer Seehöhe von 350 bis 650 m kultiviert. Die Bezirke für den Hopfenanbau Rohrbach und Freistadt gehören zum südwestlichen Teil des Granitplateaus der böhmischen Masse. Es herrschen die Gesteinsarten Granit und Gneis vor.

Die charakteristischen Gerüstanlagen für den Hopfenanbau prägen das Landschaftsbild. Bereits rund um 1900 finden sich immer wieder kleinstrukturierte Hopfengärten (Stangenhopfen) auf vielen Ansichtskarten von Mühlviertler Orten wieder. Bewusst wurden Hopfenfelder als typisches Symbol für die Region im Vordergrund abgebildet.

Klima:

Milde Sommer mit kühlen Nächten und raue Winter sowie über das ganze Jahr verteilte Niederschläge und hohe Luftfeuchtigkeit sind in dieser Region charakteristisch.
Die durchschnittliche Lufttemperatur liegt im Winter bei -2 °Celsius, im Sommer bei 16,6 °Celsius beziehungsweise über das Jahr bei 7,4 °Celsius.
Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge beträgt 888 Milimeter.

Bodenverhältnisse:

Der Boden ist vorwiegend sandiger Lehm bis lehmiger Sand und kalkarm. Der Hopfen wird meist auf möglichst ausgesuchten Südostlagen mit geringer Humusauflage und einer geringen Wasserspeicherung angebaut.

Aufgrund des ausgedehnten tiefgreifenden Wurzelsystems benötigt der Hopfen tiefgründige, gut durchwurzelbare Böden.

Das Klima und die Bodenverhältnisse schaffen sehr günstige Bedingungen für den Hopfenanbau und sind direkt verantwortlich für die Ausbildung des feinen Geschmacks und dem einzigartigen Aroma.

Hopfen:

Der Echte Hopfen (botanisch Humulus lupulus) gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae).

In der Region wird hauptsächlich Aromahopfen und rund 20 Prozent Bitterhopfen angebaut.
Aromahopfen und Bitterhopfen unterscheiden sich aufgrund ihres Bitterstoffgehalts.
Als Aromahopfen werden die Sorten Malling, Perle, Tradition, Spalter-Select, Golding, Aurora, Hersbrucker-Spät, Saphir, Tettnanger, Cascasde, Comet, Sorachi Ace und als Bittersorten Magnum und Taurus kultiviert.
Aromahopfen besticht durch feinen Geschmack und einzigartiges Aroma.

Produktionsmethode:

Die weiblichen Hopfenpflanzen werden vegetativ über sogenannte „Fechser“ vermehrt. Das Vorhandensein männlicher Pflanzen ist vom Gesichtspunkt der Hopfenqualität aus nicht erwünscht. Fechser bestehen aus Teilen des Wurzelstockes, woraus neue Jungpflanzen gezogen werden. Die Lebensdauer einer Hopfenpflanze beträgt bis zu 50 Jahre, weshalb Hopfen zu den Dauerkulturen zählt.

Die Frühjahrsarbeiten beginnen Ende März/Anfang April mit dem Freilegen der Hopfenstöcke mit einem Scheibenpflug und dem Hopfenschneiden. Dabei sollte so viel Erde wie möglich vom Bifang (=Ackerbeet) weggepflügt und die Hopfenstöcke dabei nicht verletzt werden. Ziel des Hopfenschneidens ist ein tiefer Sitz des Hopfenstockes beizubehalten. Gleichzeitig hat das Schneiden phytosanitären Charakter und kommt der Gesundheit der Pflanze zugute.

Um eine Verbindung des Hopfenstockes mit der 7 Meter hohen Gerüsthöhe zu schaffen, werden Eisendrähte (1,1-1,4 Milimeter Durchmesser) von Hand auf den Seilen der Gerüstanlage befestigt. In einem weiteren Arbeitsschritt wird mit einem Treteisen der Draht nahe am Stock in der Erde verankert.

Im Mai treiben von jedem Hopfenstock circa 30 bis 50 Triebe aus. Drei kräftige Triebe mit annähernd gleicher Länge werden im Uhrzeigersinn um den Draht gewickelt.  Die restlichen Triebe werden alle entfernt. Alle angeleiteten Triebe, in weiterer Folge auch Reben genannt, sollen die Gerüsthöhe erreichen. Durch stärkere Winde, Nachwuchs von Trieben und Wildverbiss muss der Vorgang des Anleitens und Nachleitens zwei- bis dreimal wiederholt werden, bis die Hopfenreben das Ende des Steigdrahtes erreicht haben.

Nach dem arbeitsintensiven Anleiten folgt das Anackern. Ende Mai und ein zweites Mal Ende Juni wird der Hopfenstock am Boden mit Erde bedeckt, um keimendes Beikraut zu verschütten, Bodentriebe und Ausläufer zu entfernen, Dünger einzuarbeiten sowie ein krümeliges Bodenvolumen für die Sommerwurzeln zu schaffen.

Während der Vegetationsperiode werden mehrmals gegen tierische Schadorganismen und Krankheiten Pflanzenschutzmaßnahmen ergriffen. Die Düngung orientiert sich an den Bodenuntersuchungen, der Pflanzenschutz nach Prognosemodellen und Warnaufrufen.

Die Hopfenpflanze wächst in der Zeit von Anfang Mai bis Anfang Juli durchschnittlich 10 Centimeter und maximal 30 Centimeter pro Tag und erreicht eine Höhe von 7 Meter. In der Blütezeit (Juli bis August) kommt es zur Ausbildung der Dolden. Eine Hopfenrebe trägt zwischen 4.000 und 6.000 Dolden.

Zum Erosionsschutz und zur Bodenverbesserung werden zwischen den Hopfenreihen verschiedene Zwischenfruchtarten (Klee, Raps, et cetera) angebaut. Bodenuntersuchungen erfolgen, um einen allfälligen Düngerbedarf zu ermitteln.

Ernte:

Der Hopfen wird Ende August bis Mitte September geerntet.

Die Hopfenreben werden maschinell mit einem sogenannten Abreißgerät von der Gerüstanlage gerissen und mit einem Rebeladewagen zur Pflückmaschine gebracht. Anschließend werden die Hopfendolden in Pflückmaschinen von den Blättern und Reben getrennt, sodass nur die Dolden übrigbleiben.

Die Hopfendolden werden über Förderbänder in die Hopfendarre (= Hordentrocknung) befördert und bei einer Temperatur von maximal 63 °Celsius getrocknet. Der Wassergehalt des Hopfens wird auf 9 – 11 Prozent reduziert.

Der Großteil der Bäuerinnen und Bauern besitzt eigene Trocknungsanlagen. Kleinere Bauern nützen oft genossenschaftliche Anlagen.

Anschließend wird am Hof der Hopfen zu Ballen gepresst und zwischengelagert. Von dort wird der Hopfen zur Hopfenbaugenossenschaft in Neufelden gebracht und zu Hopfenprodukten weiterverarbeitet.

Nach der Ernte im Herbst erfolgen Ausbesserungsarbeiten an den Gerüstanlagen und Geräten.

Inhaltsstoffe und Wirkung:

Die konisch geformten Hopfenblüten enthalten Lupulin Drüsen, die goldgelbe Kügelchen produzieren, die für die Bitterkeit und die Aromaqualität von Bier verantwortlich sind.
Die Hopfeninhaltsstoffe wirken zusätzlich konservierend und schaumstabilisierend.

Der Hopfen wirkt beruhigend, hormonregulierend, appetitanregend, antibakteriell und kräftigend auf Magen und Darm. Außerdem ist er harntreibend.
Das im Hopfen vorkommende Xanthohumol ist ein stark wirkendes Antioxidans.
Hopfen enthält Phytohormone, die Östrogen ähnlich wirken können.

Ursprungsnachweis:

Zuständig für die Zertifizierung des Hopfens ist die Agrarmarkt Austria (AMA).

Qualitätskontrolle:

Ein Gremium, das sich aus Braumeistern, Brautechnikern und einem Schiedsrichter des Österreichischen Getränke Institutes zusammensetzt, bestimmt bei der Bonitierung die Qualität des Hopfens und somit auch seinen Preis. Kriterien sind das Aussehen, die Farbe und der Geruch der Dolden. Die Dolden sollen keine bzw. wenig Verfärbungen aufweisen und sollen nicht zerfallen. Zusätzlich wird die Aromatik über den Geruch beurteilt.

Hopfen aus dem Mühlviertel trägt die Qualitätskennzeichnung „Mühlviertler Hopfen“.

Vermarktung:

Abnehmer sind Klein- und Großbrauereien in der Region. Österreichweit beziehen circa 110 Brauereien den Hopfen aus dem Mühlviertel. Rund 60 Prozent des Hopfens geht an den Hauptabnehmer, die Brau Union Österreich AG.

In der Region (St. Ulrich im Mühlkreis) gibt es seit 2005 auch ein Hopfenmuseum

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Spezielle Boden- und Klimaverhältnisse in der Region Mühlviertel liefern optimale Bedingungen für den Anbau von Hopfen.
  • Mühlviertler Hopfen umfasst hauptsächlich Aromahopfen-Sorten, die sich an die lokalen Gegebenheiten optimal angepasst haben.
  • Dank der Kulturart und besonderen geographischen Verhältnissen kann Hopfen erzeugt werden, der für einen besonders feinen Geschmack des Bieres sorgt.
  • Die Erzeugung von Mühlviertler Hopfen ist das Ergebnis des Traditionellen Wissens, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Hopfenbauern (Anpassung der Erziehungsform an die Gegebenheiten der Umwelt, Auswahl und Sorten, Traditionelle Anbau- und Lagermethoden, Know-how des Ernteoptimums) sowie Erfahrung der Weiterverarbeiter.

Verwertung:

Mühlviertler Hopfen wird hauptsächlich in der Bierproduktion verwendet, wo er für einen besonders feinen Geschmack des Bieres, die Bitterkeit und für die Schaumstabilität sorgt.

Auch in der Heilkunde findet der Hopfen Anwendung. Wegen seiner beruhigenden Wirkung wird er in verschiedenen Beruhigungs- und Schlafmitteln eingesetzt. Weitere Produkte sind Hopfentee, Hopfenwurst, Hopfenöle, Hopfenbäder, Hopfenbrot und Hopfenschnaps.

Als kulinarische Delikatesse gilt der im Frühjahr geerntete Hopfenspargel beziehungsweise Hopfensprossen (junge Triebe der Hopfenpflanze).

Vielseitig verwendbar ist der Hopfen auch als Dekorationsmaterial: Aus den Dolden werden Gestecke und Kränze hergestellt.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Oberösterreich, Region, Mühlviertel, Hopfen, Aromahopfen, Humulus lupulus, Lupulin

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 19.12.2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Hopfenbaugenossenschaft eGen
Linzer Straße 5
4120 Neufelden
Telefon: +43 7282 6355
E-Mail: info@hopfenbau.at
Homepage:
https://www.hopfenbau.at/

Autoren

Mag. Markus Fösl MA
Petra Engleder BSc MA