Reinanke

junge Reinanken
Foto: BAW-IGF © Hauer

Traditionelle Seefischerei von Reinanken in alpinen Seen.

Registernummer: 234

Offenlegungsdatum

Coregonen (Reinanken, Renken) sind ein Relikt der Eiszeit.

Titel

Reinanke

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Seefischerei von Reinanken in alpinen Seen in den Bundesländern Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten. Besondere Bedingungen in den Seen dieser Bundesländer ermöglichen einen optimalen, natürlichen Lebensraum von Reinanken.

Produktbezeichnung

Reinanke, Fisch

Name der Region

Salzkammergut (Salzburg, Oberösterreich, Steiermark), Kärnten, Vorarlberg, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Keine Angabe

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Keine Angabe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Der Ursprung der Reinanken (Coregonen) liegt in der Eiszeit. Es wird angenommen, dass sie mit den Schmelzwasserströmen am Ende der letzten Eiszeit vom Norden her bis zu den Alpen gelangten. Ein Weiterwandern gegen Süden wurde durch die Alpen jedoch verhindert. Beim Zurückweichen des Eises blieben große, von Gletschern ausgeschürfte, Seebecken über. Diese mit Süßwasser gefüllten Seebecken bildeten mit großer Wahrscheinlichkeit den ursprünglichen Lebensraum der Coregonen.

Fischerei wurde von Menschen in Pfahlbautensiedlungen (Mondsee, Attersee) bereits etwa 3000 vor Christus betrieben.

Das älteste historische Dokument, dass sich auf die Fischerei am Attersee bezieht, wo die Reinanken noch heute weit verbreitet sind, dürfte um 894 nach Christus entstanden sein und stammt von Kaiser Arnulf von Kärnten (850 bis 899 nach Christus).

Reinanken in Österreich:

Früher kamen Reinanken in den österreichischen Alpenseen in großen Mengen vor. So waren etwa im Zeller See schon im 14. Jahrhundert Reinanken so häufig, dass die Fischer neben dem eigenen Verbrauch jährlich 27.000 Renken abliefern konnten. Schon damals galt die geräucherte Reinanke als eine Delikatesse und ließ sich gut verkaufen.

Auch eine Fischordnung aus dem Jahre 1486 berichtet von einem enormen Reichtum des Zeller Sees an Reinanken. Um den See besser ausnützen zu können, ließ man sogar eigens Seegenfischer (Zugnetze) vom Chiemsee (Deutschland) kommen. Diese Art der Fischerei fand bei den heimischen Fischern großen Anklang, woraufhin sich bald jeder eine Seegen anschaffte und damit fischte. Als Folge ging der Bestand an Reinanken zurück. Daraufhin beschlossen die Seegeninhaber den See drei Jahre lang ruhen zu lassen und den Fischfang erst nach Ablauf dieser Zeit wieder aufzunehmen. Fortan sollte gemeinschaftlich und nur noch vom Kathreinstag (25. November) bis zum Zufrieren des Sees (um Heilige Dreikönige) gefischt werden. Der Bestand an Reinanken stieg daraufhin wieder an.

Im 16. Jahrhundert wurden Reinanken im ganzen Abersee (weniger gebräuchliche Beziehung für den Wolfgangsee) gefangen.

Der in Tirol ansässige Arzt und Universalgelehrter Hippolyt Guarinoni (1571 bis 1654) erwähnt die „Ränken“ als heimische Fische.

Reinanken wurden unter anderem neben Hausen, Karpfen, Forellen, Saiblingen, Barschen etc. am Hohen Markt in Wien angeboten. Die ältesten systematischen Beschreibungen von Fischen aus Salzkammergutseen, die der Gattung Coregonus zugeordnet wurden, finden sich in den Archiven des Naturhistorischen Museums in Wien aus den Jahren 1842 bis 1890. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Bestände zum Teil stark überfischt. Darüber hinaus brachen im Laufe der Zeit aufgrund der Konkurrenz mit faunenfremden Fischarten sowie Gewässerverschmutzung etliche Bestände zusammen.

Heute gelten zahlreiche Reinankenarten als ausgestorben beziehungsweise mutmaßlich ausgestorben, gefährdet, stark gefährdet beziehungsweise vom Aussterben bedroht.

Die Reinanke war etwa für die Bodenseefischerei schon immer der „Brotfisch“. Noch heute sind Reinanken in erster Linie für die Berufsfischerei von großer Bedeutung. Daher werden vermehrt Besatzmaßnahmen durchgeführt.

Gebiet/Region:

Hauptverbreitungsgebiete der Reinanke sind die Alpen- und Voralpenseen.

In Österreich finden sich Reinanken vor allem im Salzkammergut (Bundesländer Oberösterreich, Salzburg, Steiermark) im Attersee (46 Quadratkilometer), Traunsee (24,5 Quadratkilometer), Mondsee (14,2 Quadratkilometer), Fuschlsee (2,7 Quadratkilometer), Wolfgangsee (12,84 Quadratkilometer) und Hallstättersee (8,55 Quadratkilometer) in Kärnten im Millstättersee (13,28 Quadratkilometer), Wörthersee (19,39 Quadratkilometer), Faakersee (2,2 Quadratkilometer), Weissensee (6,5 Quadratkilometer) und Klopeinersee (1,1 Quadratkilometer) sowie im Bodensee (536 Quadratkilometer). So gilt etwa die Reinanke im Traunsee und im Hallstätter See als wirtschaftlicher Hauptfisch.

Neben Österreich sind Süddeutschland (Bodensee) und Schweiz die Hauptverbreitungsgebiete der Reinanken.

Lebensraum:

Als Lebensräume dienen der Reinanke die kleineren und größeren Seen des Alpen- und Voralpengebietes. Reinanken halten sich in freien Wässern auf und ziehen nur selten ins Flachwasser. Sie benötigen klares, sauerstoffreiches Wasser. Im Sommer bevorzugen Reinanken Wassertemperaturen zwischen 10 bis 12 Grad Celsius. Da das Sauerstoffbindungsvermögen des Wassers mit steigender Temperatur stetig abnimmt, meiden die Fische im Sommer die höheren Wasserschichten.

Reinanke:

Reinanken oder Renken ist eine in Österreich übliche Bezeichnung für Fische der Gattung Coregonus aus der Familie der Forellenfische (Salmonidea). Reinanken sind Kaltwasserfische.

Die Gattung gilt als eine der formenreichsten unter den Salmoniden deren Formen und Bezeichnungen vielfältig und regional unterschiedlich ausfallen. So werden sie andernorts auch als Felchen, Maräne oder Schnäpel bezeichnet.

Um Bregenz etwa heißen die Fische im 1. Lebensalter „Heuerling“, im 2. „Stübe“, im 3. „Gangfisch“, im 4. „Renke“, im 5. „Halbfisch“ und im 6. „Dreier“. Im Bodensee sind vor allem der Blaufelchen und der Gangfisch von Bedeutung.

Entsprechend den vielen, unterschiedlichen regionalen Erscheinungsformen ist eine systematische Klassifikation der einzelnen Populationen der Gattung Coregonus schwierig und benötigt daher eine weitere Abklärung. Die Arten und ihre zahlreichen Unterarten stehen einander morphologisch oft sehr nahe und sind schwer voneinander zu unterscheiden. Fast überall gibt es Übergangsformen, die eine Klassifikation weiter erschweren. Dazu kommen noch Einbürgerungen nicht einheimischer Formen.

Anhand der Lebensweise werden Coregonen im Wesentlichen in kleinwüchsige Schweb- und großwüchsige Bodenrenken unterteilt. Schwebrenken leben im Freiwasser und ernähren sich von kleinsten Organismen (Plankton), während Bodenrenken in Bodennähe leben und größere Nahrung wie etwa Planktonkrebschen, kleine Bodentiere wie Muschelkrebse, Flohkrebse, Wasserasseln, Würmer, Insektenlarven, kleine Schnecken und Muscheln, aber auch Jungfische zu sich nimmt. Unterscheiden lassen sich diese Formenkreise am leichtesten durch den Kiemenreusenapparat., Je nach der Größe der Fischnährtiere besitzen die Reinanken dichte oder weniger dichte Kiemenreusen beziehungsweise schlanke, lange oder gröbere, kurze Reusendornen.

Die Schwebreinanke besitzen zahlreiche schlanke Reusendornen, die Bodenreinanke hat kürzere und weniger zahlreiche Reusendornen. Diese beiden Gruppen sind durch eine Reihe von Übergangsformen miteinander verbunden.

Manche Arten lassen sich auch anhand ihres äußeren Erscheinungsbildes unterscheiden, wie zum Beispiel Reinanke und Riedling. Der Riedling stellte eine Unterart der Reinanke dar, deren Verbreitungsgebiet auf den Traunsee beschränkt ist. Riedlinge sind, verglichen mit Reinanken, deutlich schlanker und kleiner, haben größere Augen, das Schuppenkleid ist bräunlich, die Schnauze stumpfer und die Flossen gelblich bis weiß gefärbt. Darüber hinaus bevölkert der Riedling deutlich tiefere Wasserschichten und laicht von November bis März. Er gilt in Österreich als gefährdet.

Für den Attersee und Mondsee ist die Art Coregonus atterensis Kottelat 1997 beschrieben.

Beschreibung:

Reinanken haben einen kegelförmigen spitz zulaufenden Kopf und eine kleine Mundspalte. Der Körper ist lang gestreckt und oft seitlich zusammengedrückt mit tief eingeschnittener Schwanzflosse. Eine sich zwischen Rücken- und Schwanzflosse befindliche strahlenlose Fettflosse gilt als wichtiges Merkmal der Salmoniden. Der Rücken des Fisches ist blaugrün gefärbt. Die Schuppen sind relativ groß (ausgenommen am Kopf) und silbern glänzend. Die Zähne sind klein und rückgebildet (Pflugscharbein).

Ihr Wachstum ist, je nach Lebensraum, sehr unterschiedlich. Reinanken erreichen durchschnittlich eine Größe zwischen 30 bis 50 Zentimeter. In nährstoffreichen Seen gibt es ein sehr rasches Wachstum, wodurch Reinanken ein Gewicht von bis etwa 6 Kilogramm erreichen können.

Fortpflanzung und Vermehrung:

Die Laichzeit fällt in die Wintermonate und setzt bei Wassertemperaturen unter 7 Grad Celsius ein. Das Laichgeschehen passiert zumeist über Sand- oder Geröllgrund. Die Eier können sowohl im freien Wasser, als auch in Ufernähe oder Zubringer abgelegt werden. Sie sinken zu Boden oder bleiben an Wasserpflanzen haften. Die Eizahl liegt bei circa 30.000 Eier pro Kilogramm Rogner und der Eidurchmesser circa 2,5 Millimeter. Die Larven schlüpfen je nach Wassertemperatur nach zwei bis vier Monaten.

Nahrung:

Die Nahrung der Reinanken setzt sich aus Plankton, kleinen Bodentieren sowie aus im Wasser lebenden Insektenlarven, Würmern und gelegentlich auch kleinen Fischen und Fischlaich zusammen.

Schonzeiten:

Schonzeiten sind einzuhalten. Die Schonzeiten der Reinanken fallen bedingt durch die teilweise abgeänderten Laichzeiten für die einzelnen Seen unterschiedlich aus. Sie sind durch Fischereiordnungen der jeweiligen Bundesländer geregelt und liegen im Allgemeinen zwischen Oktober und Februar.

Abfischung:

Die Fische werden etwa von April bis Oktober gefangen, überwiegend mit Schweb- oder Grundnetzen. Mit entsprechenden Ködern sind aber auch Fänge mit der Angel möglich.

Fleisch und Geschmack:

Die Reinanke zeichnet sich durch ihr weißes, festes Fleisch mit kräftigem Geschmack aus.

Qualitätskontrolle:

Die Reinanke unterliegt den Bestimmungen des Österreichischen Lebensmittelbuches, Codexkapitel B 35 Fische, Krebse, Weichtiere und daraus hergestellte Erzeugnisse.

Vermarktung:

Reinanken werden direkt, über die Gastronomie und den Lebensmittelhandel vermarktet.

Bedingt durch die einzuhaltenden Schonzeiten stehen die Reinanken nicht ganzjährig zur Verfügung.

Reinanken aus Kärnten werden unter der Marke „Wilder Fisch“ vermarktet. Die Fische werden in sauberen heimischen Seen (hauptsächlich Millstätter See) gefangen.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Besondere Bedingungen in den Seen der Bundesländer Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten ermöglichen einen optimalen, natürlichen Lebensraum von Reinanken.
  • Ausgeprägte Bodenständigkeit: die Reinanken ernähren sich ausschließlich von Organismen, die in den Seen vorkommen.
  • Die Fischerei von Reinanken ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Traditionelles Wissen und Erfahrung der Seenfischfischerei (Know-how der Fischer, Schlachtung, Transport), Know-how der Schlachtung, Know-how der Weiterverarbeitung.

Verwertung:

Reinanken werden frisch, im Ganzen oder filetiert angeboten. Sie sind wohlschmeckende Speisefische und werden vor allem gebraten. Als besondere Spezialität gilt die geräucherte Reinanke. Eine weitere in Österreich bekannte und beliebte Spezialität, die unter anderem aus Reinanken zubereitet wird, sind Steckerl- oder Stangelfische.

Steckerl- und Stangelfisch:

Für Steckerlfische werden traditionell kleine Fische wie Forellen, Lachsforellen, Reinanken oder Weißfische auf 50 bis 60 Zentimeter lange Steckerl aus Weichholz aufgespießt. Makrelen und Forellen, die oft in anderen Teilen Österreich verwendet werden, gelten in Oberösterreich, der Heimat der Stangel- und Steckerlfische, jedoch als verpönt.

Steckerlfische waren und sind vor allem eine Spezialität der Donaufischer, besonders jener an den Altarmen des Flusses. Sie wurden früher an Ort und Stelle über offenem Feuer geräuchert und gebraten und werden heute meist in Holzhütten neben der Straße angeboten.

Stangelfische (mancherorts auch Staberlfische genannt) sind vorwiegend im Salzkammergut verbreitet und wurden wahrscheinlich von Traunseefischern kreiert. Für die Zubereitung von Stangelfischen werden fast ausschließlich kleine Saiblinge sowie Riedlinge (Coregonus danneri) herangezogen.

Zubereitung:

Die Fische werden geschröpft oder eingeschnitten mit Salz und einer oft geheim gehaltenen Gewürzmischung behandelt und anschließend über offenem Feuer knusprig gegrillt. Zum Grillen werden die Stöcke oft so festgemacht, dass sich die Fische kopfunter schräg über oder neben der Holzkohleglut befinden. Durch die Rauchentwicklung der Holzkohle wird der Fisch nicht nur gegrillt sondern zugleich auch geräuchert.

Durch die Zubereitungsart sind die Gräten derart zart, dass sie mitverzehrt werden können. Steckerl- und Stangerlfische werden traditionell auf Papier, in das sie nach dem Grillen gewickelt werden, gegessen oder auf Tellern, eventuell mit einer Zitrone, serviert. Dazu wird Bier und Schwarzbrot gereicht.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Salzburg, Oberösterreich, Steiermark, Region, Salzkammergut, Fisch, Reinanke, Coregonus

Bibliographie/Referenzen

Die letzte Änderung aller Internetreferenzen erfolgte am 12.03.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Keine Angabe

Autoren

Dr. Erhard Höbaus, Mag.a Eva Sommer, Mag.a Doris Reinthaler überarbeitet von Dr. Daniela Achleitner BAW