Quellen - unverzichtbare Wasserressourcen - aktuelle Forschungsergebnisse

Ansicht des Quellaustrittes des Waldbachursprungs in Oberösterreich
Foto: BML / Jutta Eybl Waldbachursprung Oberösterreich

Im Februar 2024 hat das Institut für Erdwissenschaften an der Universität Graz im Auftrag der Abteilung Wasserhaushalt im BML eine innovative Studie zu Quellen in Österreich fertiggestellt. Grundlage dieser Studie waren die langjährigen, qualitativ hochwertigen Quelldaten des Hydrographischen Dienstes in Österreich.

Was ist eine Quelle?

Eine Quelle ist per Definition eine räumlich begrenzte, natürliche Austrittstelle von Grundwasser (ÖNORM B 2400). Deren Parameter und die jahreszeitliche Änderung derselben ermöglichen eine hydrogeologische Charakterisierung des dahinterliegenden Einzugsgebietes sowie des entwässernden Grundwasserleiters. Die Kenntnisse über die hydrogeologischen Gegebenheiten sind vor allem für wasserwirtschaftliche Herausforderungen auf lokaler Ebene (zum Beispiel Quellfassungen für Trinkwasserversorgungen, Schutz der Wasserressourcen, etc.) von hoher Bedeutung, um auch künftig eine qualitativ hochwertige Versorgung sicher zu stellen.

Quellen in der Wasserversorgung Österreichs

Quellen sind ein wesentlicher Bestandteil der Wasserversorgung in Österreich. Die Studie „Wasserschatz Österreichs – Grundlagen für nachhaltige Nutzungen des Grundwassers“ (BMLRT, 2021) ergab, dass die Wasserversorgung in Trinkwasserqualität in der Größenordnung von 234 Liter pro Hauptwohnsitz und Tag (österreichweit 753 Millionen pro Jahr) zur Gänze aus Grundwasser erfolgt, wobei bundesweit gesehen im Durchschnitt 45 Prozent durch Quellwässer gedeckt sind. Regionsspezifisch ist dieser Wert sehr variabel, so wird vor allem in alpinen Regionen Österreichs die Trinkwasserversorgung zur Gänze also zu 100 Prozent durch Quellen abgedeckt (BMLRT, 2021). Der Wasserbedarf für den Sektor Wasserversorgung umfasst die Wassernutzung privater Haushalte und den aus der öffentlichen Versorgung mitversorgten öffentlichen Einrichtungen, Gewerbe-, Industrie- und Landwirtschaftsbetrieben sowie der Eigenversorgung von Haushalten. Es wird davon ausgegangen, dass der Bedarf bis 2050 um 11 bis 15 Prozent steigen wird. Zusätzlich wird auch der Wasserbedarf des Sektors Landwirtschaft, im Speziellen der Viehwirtschaft, bundesweit zur Hälfte durch Quellwässer abgedeckt (27 Millionen pro Jahr).

Inhalte und Ziele der Studie

In den letzten Jahren wurden Untersuchungen an 96 Quellmessstellen des Hydrographischen Dienstes und ihrer Einzugsgebiete im Rahmen des Forschungsprojekts „Quellen Austria - Zeitreihen- und Trendanalyse der Quellmessstellen des Hydrographischen Dienstes Österreichs“ durchgeführt, das vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft beauftragt wurde.

Ein wesentliches Ziel des Projekts war, Langzeittrends der Quellparameter Wassertemperatur, elektrische Leitfähigkeit und Quellschüttung zu identifizieren und zu quantifizieren, um Prognosen für die Zukunft zu ermöglichen. Die teilweise über Jahrzehnte vorliegende Messwerte der Quellmessstellen des Hydrographischen Dienstes in Österreich bieten hierfür in ihrer Qualität eine einzigartige Grundlage. Es konnte erarbeitet werden, ob und wie sich die klimatischen Änderungen der letzten Jahrzehnte auf die Quellwässer ausgewirkt haben. Die Quellen wurden in weiterer Folge in Bezug auf ihr Quellschüttungs- und Speicherverhalten untersucht.

Ergebnisse Trendanalyse

Auf Basis der hochwertigen Datenreihen des Hydrographischen Dienstes konnte das Trendverhalten der Quellparameter Quellschüttung (46 Quellen), Wassertemperatur (30 Quellen) und elektrische Leitfähigkeit (35 Quellen) für einen 20-jährigen Zeitbereich untersucht werden. Generell ist ein Anstieg in allen Quellparametern österreichweit zu erkennen. An ausgewählten Quellen mit Zeitreihen seit den 1970er Jahren hat sich gezeigt, dass resultierende Trends stark von den definierten Zeitperioden abhängen und teilweise innerhalb kurzer Intervalle auch gegenläufig sein können. Daraus lässt sich ableiten, dass aufgrund der variablen Entwicklung der Quellschüttung in der Vergangenheit keine zufriedenstellende Extrapolation eines Trends der Quellschüttung in die Zukunft möglich ist.

Zusätzlich wurden langfristige Änderungen für die einzelnen Jahreszeiten (Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter) separat untersucht. Besonders ausgeprägt ist der steigende Trend der Quellschüttung im Winter (Abbildung 1), ähnlich wie bei der Wassertemperatur. Dieser Anstieg kann mit der Grundwasserneubildungsdynamik an den österreichischen Quellen erklärt werden. Im Winter sind die alpinen Einzugsgebiete von einer Schneedecke bedeckt und aufgrund niedriger Temperaturen infiltriert üblicherweise wenig bis kein Wasser in den Untergrund. An den Quellen dominiert daher in dieser Zeit der Basisabfluss (lange gespeichertes Grundwasser). Zunehmend wiederkehrende Tauperioden in den Wintermonaten und eine sich ändernde Schneedeckendynamik dürften vermehrt zu Grundwasserneubildung führen.

Saisonale Trends der Schüttung und der Wassertemperatur dargestellt in Abhängigkeit der jeweiligen p-Werte, jeweils 1 Karte für das gesamte Jahr und die Wintermonate und positive bzw. negative Änderungen in der Quellschüttung und in der Wassertemperatur.
Abbildung 1: Langfristige Änderungen der Quellschüttung und Wassertemperatur in dem Zeitraum 2001 bis 2021 für das gesamte Jahr und für die Jahreszeit Winter. Die p-Werte (Signifikanzniveau) zeigen wie signifikant die jeweiligen Trends sind, wobei intensivere Farben für eine hohe Signifikanz stehen.

Ergebnis Quellschüttungsdynamik - Quellgruppen

Auf Basis des Abflussverhaltens konnten vier repräsentative Quellgruppen in Österreich identifiziert werden, denen 64 der 96 untersuchten Quellen zugeordnet werden konnten Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer hydrogeologischen Eigenschaften sowie der regional dominanten Grundwasserneubildungskomponenten (Abbildung 2).

Quellgruppe I ist auf die verkarsteten Nördlichen Kalkalpen im Einflussbereich der Nordstauwetterlagen beschränkt. Die Quellen reagieren rasch auf Niederschlagsereignisse und weisen einen ausgeprägten Jahresgang der Quellschüttung auf, der deutlich mit der Schneeschmelze im Frühjahr zusammenhängt. Die mittlere Seehöhe der Einzugsgebiete beträgt circa 1500 m ü.A.

Quellgruppe II umfasst im Wesentlichen die schneedominierten Quellen in hochgelegenen Gebirgsgruppen in Vorarlberg, in Nordtirol und vereinzelt in Salzburg beziehungsweise Oberösterreich. Ihr Auslaufverhalten ist dominiert vom jährlichen Schneezyklus in den österreichischen Alpen. Die mittlere Seehöhe ihrer Einzugsgebiete liegt durchschnittlich bei 2000 m ü.A.

Quellgruppe III reagiert deutlich verzögert auf episodische Neubildungsereignisse. Die Quellen liegen gehäuft im Süden, streuen jedoch über das gesamte Bundesgebiet. Die mittlere Seehöhe ihrer Einzugsgebiete variiert stark und liegt durchschnittlich bei 1600 m ü.A.

Der Quellgruppe IV können die Quellen mit niedriger gelegenen Einzugsgebieten (Durchschnitt der mittleren Einzugsgebietshöhe 1000 m ü.A.) im Osten des Bundesgebietes zugeordnet werden. Charakteristisch für diese Quellen ist ihre verzögerte Reaktion auf Grundwasserneubildungsereignisse und dadurch resultierenden geringen Quellschüttungsschwankungen während eines Jahres.

Alle vier Quellgruppen auf einer Karte geplottet und die jeweiligen geographischen Schwerpunkte jeder Quellgruppe eingefärbt. Die Quellgruppe 1 liegt vorwiegend im Osten der nördlichen Kalkalpen, die Quellgruppe 2 im Westen Österreichs, die Quellgruppe 3 hat ihren Schwerpunkt im Süden Österreichs und die Quellgruppe 4 in den östlichen Niederungen Österreichs.
Abbildung 2: Die räumliche Verteilung der identifizierten Quellgruppen I bis IV sowie der Quellen, die keiner der Gruppen zugeordnet werden konnten (untypisch). Regionen in denen eine hohe Konzentration von Quellen einer Gruppe auftreten sind in der jeweiligen Farbe eingefärbt.

Eine klare Zuordnung einer der Quellgruppen zu hydrogeologischen Großeinheiten (wie beispielsweise Nördliche Kalkalpen) ist nicht gegeben, weil sich die Quellschüttungsdynamik aus dem Zusammenspiel von Grundwasserneubildung UND Strömungsverhältnissen im Grundwasserleiter (Aquifereigenschaften) ergibt. Jede Quellgruppe spiegelt aber eine Kombination an klar unterscheidbaren Kriterien basierend auf meteorologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten im Quelleinzugsgebiet wider. Die Verteilung dieser vier Quellgruppen zeichnet eine Kombination der großräumigen topographischen, meteorologischen und hydrogeologischen Muster im österreichischen Bundesgebiet nach.

Anhand der Quellschüttungsdynamik wurde Schnee für die Quellgruppen I und II als wichtige beziehungsweise dominante Grundwasserneubildungskomponente identifiziert. Für diese Quellgruppen sind künftig Änderungen der Schüttungsdynamik zu erwarten, da die Schneedeckendynamik besonders sensibel auf die Erwärmung im Zuge des fortschreitenden Klimawandels reagiert. Die höher gelegenen Bereiche der österreichischen Alpen, die noch deutlich über der gegenwärtigen, winterlichen Schneefallgrenze liegen, werden etwas später auf diese Entwicklung reagieren. Folglich wird eine raschere Veränderung der Quellschüttungsdynamik in Gruppe I gegenüber der Quellgruppe II erwartet.

Relevanz der Forschungsergebnisse für die Wasserwirtschaft

In Bezug auf wasserwirtschaftliche Fragestellungen und potentieller Nutzbarkeit der Wässer von Quellen der Gruppen I und II sind diese hinsichtlich ihrer Vulnerabilität besonders sorgfältig zu behandeln. Ihre Schüttungsdynamik weist klar auf das Vorhandensein einer schnellen Komponente hin. Infiltrierende Niederschlags- oder Schneeschmelzwässer gelangen innerhalb weniger Stunden zur Quelle, weshalb sich eine entsprechend geringe bis keine Filterung von Schadstoffen ergibt.

Die Quellgruppen III und IV sind durch deutlich geringere saisonale Schwankungen gekennzeichnet, was auf eine gute Speicherfähigkeit und geringere hydraulische Durchlässigkeit des Grundwasserleiters und/oder sehr komplexe (geologische) Rahmenbedingungen im Einzugsgebiet hinweist. Die Schüttungsdynamik steht bei diesen Quellgruppen in deutlich weniger direktem Zusammenhang mit den Niederschlagsereignissen als bei den Quellgruppen I und II.