Rat und Parlament einigen sich auf neue Regeln für Abwasserbehandlung und -überwachung

Gewässer
Foto: BML / Alexander Haiden

Als Teil des Null-Schadstoff-Pakets hat die Europäische Kommission am 26. Oktober 2022 einen Vorschlag zur Überarbeitung der kommunalen Abwasserrichtlinie (UWWTD, Urban Waste Water Treatment Directive) vorgelegt.
 

Ziel der 1991 veröffentlichten UWWTD ist es, die Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen von kommunalem Abwasser und dem Abwasser bestimmter Industriebranchen zu schützen. Eine dem Kommissionsvorschlag vorausgehende Evaluierung zeigte, dass die Belastung durch bestimmte Schadstoffe aus städtischen Punktquellen dank der UWWTD in den vergangenen 30 Jahren signifikant verringert werden konnte. Der Evaluierungsbericht zeigte aber auch Verbesserungsbedarf.

Seit Vorlage des Kommissionsvorschlages fanden intensive Verhandlungen statt. Österreich zählte dabei zu jenen EU-Mitgliedsstaaten, die ein hohes Ambitionsniveau forderten und setzte sich für machbare und praktikable Regelungen ein.

Am 29. Januar 2024 wurde eine vorläufige politische Einigung der europäischen Co-Gesetzgeber, dem Europäischen Parlament und dem Rat, erzielt. Eckpunkte dieser Einigung sind:

  • Der Geltungsbereich der UWWTD wird auf kommunale Kläranlagen ab 1.000 Einwohnerwerten (EW) ausgeweitet.
  • Die EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, integrierte Bewirtschaftungspläne für kommunales Ab- und Regenwasser bis 2033 für Siedlungsgebiete ab 100.000 EW und bis 2039 für ausgewählte Siedlungsgebiete ab 10.000 EW zu erstellen. Diese integrierten Bewirtschaftungspläne werden im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie mindestens alle sechs Jahre überprüft. Die integrierten Bewirtschaftungspläne sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Bewirtschaftung beinhalten. Dabei sollen grüne und blaue Infrastrukturlösungen in städtischen Gebieten vorrangig berücksichtigt werden.
  • Große kommunale Kläranlagen ab 150.000 EW, sowie ausgewählte kleinere Kläranlagen, müssen schrittweise bis 2045 mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Entfernung eines breiten Spektrums an chemischen Spurenstoffen nachgerüstet werden. Die Finanzierung dieser sogenannten „4. Reinigungsstufe“ wird über ein System der erweiterten Herstellerverantwortung nach dem Verursacherprinzip erfolgen. Die Einigung sieht vor, dass mindestens 80 % der Kosten von den hauptverantwortlichen Branchen (Humanarzneimittel- und Kosmetikindustrie) getragen werden. Ergänzt wird die Finanzierung durch eine maximal 20 % betragende nationale Finanzierung, um unbeabsichtigte Auswirkungen auf Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimittel zu vermeiden.
  • Zu den neu eingeführten Verpflichtungen zählen außerdem Energieaudits für Kläranlagen ab 10.000 EW und das Ziel, auf Mitgliedsstaaten-Ebene schrittweise bis zum Jahr 2045 ein Energieneutralitätsziel zu erreichen. Dabei kann die Energie zum Betrieb der Kläranlagen in den Anlagen selbst oder anderswo erzeugt werden. Außerdem können im Endausbau bis zu 35 % an nicht-fossiler Energie von externen Anbietern zugekauft werden.
  • Der Zugang zu sanitären Einrichtungen soll verbessert werden.
  • Abwasser soll künftig verstärkt zum Monitoring verschiedener Parameter herangezogen werden, die Rückschlüsse auf die öffentliche Gesundheit erlauben (wie des SARS-CoV-2-Virus und seiner Varianten). Eine regelmäßige Bestimmung von Antibiotikaresistenzen wird künftig an Abwasser von kommunalen Kläranlagen ab 100.000 EW durchgeführt.
  • Schließlich soll das Monitoring chemischer Schadstoffe forciert werden und auch Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) und Mikroplastik umfassen.

Die vorläufige Einigung vom 29. Januar 2024 muss nach Überarbeitung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen von europäischem Rat und europäischem Parlament förmlich angenommen werden, bevor er im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und in Kraft treten kann. Ein Abschluss der Verhandlungen soll noch im ersten Halbjahr 2024 erfolgen.

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