Das Feststoffmessnetz der Hydrographie Österreichs

Schwebstoff Sammelgerät
Foto: Hugo Seitz

Nicht nur Wasser fließt in den Fließgewässern Österreichs. Die Donau bei Hainburg passieren im Jahr mehrere Millionen Tonnen Schwebstoffe. Wie das gemessen wird, erfahren sie hier.

Was sind Feststoffe, Geschiebe, Schwebstoff?

Feststoffe werden in den Gewässern in Form von Schwimmstoffen, Schwebstoffen und Geschiebe transportiert. Die feineren Bestandteile, die Schwebstoffe, sind aufgewirbelt und schweben im Wasserkörper. Gröbere Sedimente, die sich entlang der Flusssohle „gleitend, rollend oder springend“ bewegen, nennt man Geschiebe. Bei hohen Fließgeschwindigkeiten sind größere Mengen an Sediment in Bewegung, während sich bei geringeren Fließgeschwindigkeiten Sedimente ablagern (siehe Bild 2).

Bei Hochwasserereignissen können in kurzer Zeit große Mengen an Feststoffen bis in die Überschwemmungsgebiete transportiert werden. Auch der Verlauf eines Gewässers kann sich dadurch ändern. Dort wo ausreichend Platz für diesen natürlichen Vorgang zur Verfügung steht, können große materielle Schäden verhindert werden.

Warum werden Feststoffmessdaten erhoben?

Für alle Planungen nachhaltiger Maßnahmen in den Bereichen Flussbau, Hochwasserschutz, Wildbachverbauung, Kraftwerksbau und das Wasserstraßenmanagement ist es wichtig zu wissen, welche Mengen an Feststoffen ein Gewässer bewegen kann. Auch für Fragen im Zusammenhang mit der Gewässerökologie sind Messdaten eine wichtige Entscheidungshilfe. Messungen der Feststoffe braucht man auch, um Transportformeln und numerische Modelle zur Berechnung des Feststofftransportes anwenden und kalibrieren zu können.

Bei der Implementierung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL,2000/60/EG) in das Wasserrechtsgesetz (WRG 1959 i.d.F. BGBl. I Nr. 14/2011) wurde die Wichtigkeit der Feststoffe für die Planung von Maßnahmen erkannt und deren Erhebung gesetzlich gefordert.

Wo werden Feststoffe gemessen?

An den Messstellen des Feststoffmessnetzes des Hydrographischen Dienstes (eine Übersicht zeigt Bild 3) werden an wichtigen Gewässerabschnitten (Grenzquerschnitte, Mündungsbereich Hauptvorfluter) kontinuierliche Schwebstoffkonzentrationen, Transportraten und Schwebstofffrachten ermittelt.

Um Daten von guter Qualität zu erhalten und diese auch untereinander vergleichen zu können, wurde von den Expertinnen und Experten der Hydrographie in Österreich ein Leitfaden „Schwebstoffe im Fließgewässer – Leitfaden zur Erfassung des Schwebstofftransportes“ entwickelt.

In den Hydrographischen Jahrbüchern 2008 und 2009 sind Schwebstoffdaten ausgewählter Messstellen veröffentlicht. Eine Möglichkeit digital die Daten zu erhalten bietet die Web-GIS Applikation eHYD des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. In den nächsten Jahren sind sieben weitere Schwebstoffmessstellen geplant.

Kontinuierlich Geschiebe zu messen ist aufwendig und mit relativ hohen Kosten verbunden. Aus diesem Grund gibt es nur wenige Messstellen in Österreich, die dazu ausgerüstet sind. Im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft führt das Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau der Universität für Bodenkultur Forschungsprojekte durch, die dazu beitragen, die Schwebstoffmessmethodik zu optimieren.

Wie werden Feststoffe gemessen?

Der Feststofftransport im Längsverlauf eines Fließgewässers als auch im Gewässerquerschnitt, kann zeitlich und räumlich sehr variabel sein (Bild 4 der Bildergalerie). Die Messmethodik muss darauf Rücksicht nehmen. Da Schwebstoffe und Geschiebe unterschiedlich im Fließgewässer bewegt werden, benötigt man spezifische Methoden um den Transport messen zu können. Soll das Volumen der Feststofffracht an einer Messstelle möglichst exakt bestimmt werden, kommt nur eine Kombination direkter (Messung an einem Ort zu einer bestimmten Zeit) und indirekter (Messung einer Hilfsparameters der es ermöglicht die Zielgröße zu bestimmen) Messverfahren in Frage.

Der zeitlich kontinuierliche Verlauf der Schwebstoffe wird indirekt, mittels am Ufer eingebauter Trübungssonden, aufgezeichnet. Gewässerproben, die zwei bis dreimal pro Woche mit Einzelprobenentnahmegeräten (Bild 5) in der Nähe der Trübungssonde entnommen und im Labor ausgewertet werden, sind in Zusammenhang mit den Aufzeichnungen der Trübungssonden zu bringen.

Ergänzend dazu werden einige Male im Jahr Schwebstoffproben mit einem speziellen Schwebstoffsammler (Bild 6) Proben an vielen Punkten im Messprofil genommen und die Schwebstoffkonzentration im Gewässerquerschnitt direkt bestimmt.

Um eine Ganglinie der mittleren Schwebstoffkonzentration berechnen zu können, müssen die gemessenen Parameter mit verschiedenen Kalibrier- und Anpassungsmethoden miteinander kombiniert werden. Erst jetzt kann durch Multiplikation dieser Zeitreihe mit dem Durchfluss, der Schwebstofftransport und die Schwebstofffracht (Menge pro Zeiteinheit) für beliebige Zeiträume (Tages-, Monats- und Jahresfrachten) ermittelt werden. Mit Hilfe von Korngrößenanalysen wird die Textur des Schwebstoffmaterials bestimmt.

Ebenfalls nur durch die Kombination der direkten (mobile Geschiebefänger, Geschiebefalle) mit der indirekten Messmethode (Geophonanlage) kann der Geschiebetransport integrativ erfasst werden.

Zur direkten Geschiebemessung werden mobile Geschiebesammler (siehe Bild 7), mit Krananlagen bis zur Flusssohle abgesenkt. Die entnommenen Geschiebeproben werden gewogen und die Transportrate bestimmt. Geschiebefallen (Bild 8) werden in der Flusssohle eingebaut. Um die erfassten Sedimente wägen zu können, sind diese Sammelbehälter auf Messzellen gelagert

Mit Hilfe der stichprobenartig durchgeführten, direkten Messungen des Geschiebetransportes wird neben der Transportrate auch die Korngrößenverteilung des entnommenen Geschiebematerials bestimmt.

Die aus der Seismik stammenden Geophone (Schwingungssensoren) sind an der Sohle des Fließquerschnitts verteilt eingebaut (siehe Bild 8). Eine zeitlich kontinuierliche Aufzeichnung erhält man, in dem man die Geophondaten mit den direkten Messungen kombiniert.

Wie viele Feststoffe sind in Österreichs Gewässern?

Die höchsten Schwebstoffkonzentrationen – von 20 bis 50 g/l und mehr - werden bei Unwetterereignissen beobachtet. Im Winter sind es an vielen Messstellen lediglich wenige mg/l (<10). Ein Murenabgang am Lattenbach zu Beispiel, verursachte am 1. September 2008 in Landeck-Bruggen/Sanna eine Schwebstoffkonzentration von circa 90 g/l. Schwebstoffkonzentrationen dieser Größenordnung treten meist nur sehr kurzzeitig (wenige Stunden) auf, so dass sich die Fauna (zum Beispiel Fische) auf diese Stresssituation teilweise gut anpassen kann.

Bei großen Hochwasserereignissen kann an einem einzigen Tag so viel Schwebstofffracht transportiert werden wie in einem durchschnittlichen Jahr ohne größeres Hochwasserereignis. So wurde beim Hochwasserereignis am 24. Juni 2009 in Steyr (Ortskai)/Enns eine Tagesfracht von circa 270.000 t erreicht, welche ziemlich genau der Jahresfacht von 2008 entspricht.

In Innsbruck/Inn betrug die Tagesfracht am 23. August 2005 circa 1,6 Millionen Tonnen, das sind rund 60 Prozent der gesamten Jahresfracht von 2,7 Millionen Tonnen. Im Jahr 2007 wurde an derselben Messstelle lediglich eine Jahresfracht von circa 1 Million Tonnen erfasst (siehe Bild 9).

Sowohl der Inn bei Innsbruck, als auch die Donau bei Hainburg transportierten im Jahr 2008 eine Schwebstofffracht von circa 3 Millionen Tonnen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass im Jahr 2008 an der Donau unterdurchschnittliche Abflüsse vorherrschten und kein größeres Hochwasser auftrat, sodass ein Teil der Schwebstoffe in den Stauräumen zurückgehalten wurde.

Im Jahr 2009 wurde in Hainburg/Donau eine Jahresfracht von circa 6 Millionen Tonnen beobachtet, was einer mittleren Transportrate von circa 190 kg/s entspricht.

Eine Jahresfracht von 3 Millionen Tonnen entspricht einem voll beladenem Containerzug in der Länge der österreichischen Donaustrecke (350 km). Die Mengen an Geschiebe entsprechen circa 10 Prozent der transportierten Schwebstofffracht. Interessant ist auch, dass in der Donau bei Hainburg die mittlere Transportlänge des Geschiebematerials etwa 3 km pro Jahr beträgt.

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