Mit dem Klimawandel verändern sich die Niederwasserabflüsse der Donau.

Niederwasser am Weitenbach, ein Donauzubringer bei Melk
Foto: BML

Nicht nur die Lufttemperatur erhöht sich seit Mitte der 1970er Jahre, auch die Abflussregime und die Niederwasserereignisse an den Gewässern reagieren auf den Klimawandel. Anhand einer 115 Jahre umfassenden Abflusszeitreihe der Donau in der Wachau wird das Ausmaß dieser Veränderung dargestellt.

Niederwasserperioden entwickeln sich langsam.

Die Wasserführung der Gewässer im Süden, Osten und Norden Österreichs befindet sich bereits seit Mitte 2016 in einer mehr oder weniger ausgeprägten Niederwassersituation. Vor allem im Osten Österreichs haben unterdurchschnittliche Niederschlagssummen seit Juni 2016 und ein extrem schneearmer Winter 2016/2017 die Grundwasserspeicher reduziert.

Eine Niederwassersituation in den Oberflächengewässern steht in Zusammenhang mit den Grundwasserstände in den Tallagen gebunden. Die Grundwasserstände reagieren nicht sofort auf geringe Niederschlagsmengen. Anders als bei Hochwasserereignissen stellt sich eine Niederwassersituation erst viel später, nach einer längeren niederschlagsfreien Zeit ein. Auch sind niedere Grundwasserstände nicht nur von unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen allein, sondern auch von der Geologie, den Bodenverhältnissen, der regionalen Klimatologie und den Entnahmen abhängig.

Die Winter- und Sommerniederwasserperioden haben generell unterschiedliche Ursachen und eine andere räumliche Verteilung. Kalte, schneereiche Winter können trotz ausreichend Niederschlag in fester Form, eine Winterniederwasserzeit bewirken. Die Ursache von Sommerniederwasser ist in der Regel eine längere niederschlagsfreie Zeit, in Kombination mit geringen Grundwasserständen und hoher Verdunstung. Niederwassersituationen hat es zwar in der Vergangenheit auch gegeben, mit der Erhöhung der Luft- und Wassertemperatur durch den Klimawandel, verändern sich jedoch die Auswirkungen von Trockenperioden auf die Wasserbilanz.

Es gibt Niederwasser-Anpassungsempfehlungen, die Forschung zur Niederwasserproblematik steht erst am Anfang.

Hochwasser und die Hochwasservorsorge stehen in Österreich seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der hydrologischen Forschung. Immer dann, wenn spektakuläre Hochwasserereignisse große Schäden verursacht haben, kommt die Hydrologie für kurze Zeit in die öffentliche Aufmerksamkeit und wird nach der Ursache der Ereignisse gefragt. Im Gegensatz dazu erfahren, in einem niederschlagsreichen Land wie Österreich, ausgeprägte Niederwasserereignisse in der Öffentlichkeit, in der Politik und in der hydrologischen Forschung weniger Beachtung. Sowohl die Hitzeperioden 2018 und 2017 als auch die Trockenheit 2003 und 2018, sind ein deutlicher Hinweis in welche Richtung es sich entwickeln wird. Im Jahr 2003 sprach man von einem „Jahrhundertsommer“ mit selten auftretenden Niederwasserwerten.

Seit dem wird es Jahr für Jahr wärmer und vieles deutet darauf hin, dass schneearme Winter, Hitzeperioden im Sommer, Trockenheit- und Niederwasserphänomene, sowie Unwetter nicht die seltene Ausnahme sind, sondern zur Regel werden. Um sich zukünftig auf Niederwasserperioden und Phänomene der Trockenheit besser einstellen zu können, widmen sich Anpassungsstrategien der EU und jene des Bundes dem Umgang mit Niederwasserperioden. Auch die aktuellen Bewirtschaftungspläne für die österreichischen Flusseinzugsgebiete nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL, 2000/60/EG) enthalten Kapitel zum Umgang mit Niederwasser.

Der Klimawandel verändert das Niederwasserregime an der Donau.

Um Veränderungen hydrologischer Parameter berechnen zu können, sind möglichst vieljährige, geprüfte und homogenisierte Zeitreihen notwendig. Die längste Zeitreihe von Abflusstagesmittelwerten gibt es für zwei Messstellen an der Donau. Sowohl für den Pegel Kienstock als auch für den Pegel Korneuburg an der Donau stehen für Abfluss- und Niederwasseranalysen Zeitreihen seit 1900 zur Verfügung. Damit wurden Veränderungsanalysen des Abfluss- und Niederwasserregimes an der Donau durchgeführt. Mit dem Klimawandel haben sich in den letzten 35 Jahren sowohl das Abfluss- als auch das Niederwasserregime im Sommer verändert.

Im Artikel „Der Klimawandel erhöht auch die Wassertemperatur der Donau.“ wurde beschrieben, dass sich in den letzten 30 Jahren die Wassertemperatur der Donau in den Sommermonaten Juni bis August um mehr als 2°C erhöht hat. Auch die Lufttemperatur an vielen Klimastationen im österreichischen Donaueinzugsgebiete zeigt einen ähnlichen, mitunter noch stärkeren Anstieg.

Mehr Abfluss im Winter, weniger in den Sommermonaten.

Zur Charakterisierung des Abflussregimes an einem Gewässer – also die Verteilung des Abflusses im Jahresverlauf – wird häufig der Pardé - Koeffizient verwendet. Dieser Koeffizient ist das Verhältnis des Abflussmonatsmittelwertes zum Jahresmittelwert. Das Bild 1 der Bildergalerie zeigt deutliche Veränderungen zwischen den Perioden 1900 bis 1978 und 1979 bis 2015. Der Rückgang der Abflüsse in den Sommermonaten wird durch den Anstieg im Winter und Frühling kompensiert. Die höheren Abflüsse im Dezember und Jänner sind nicht auf mehr Niederschlag, sondern eher auf weniger Niederschlag in fester Form ‑ also Schnee ‑ zurückzuführen. Da im Sommer der Niederschlag im Durchschnitt nicht weniger geworden ist, deutet vieles darauf hin, dass ein Teil dieser Abflussreduktion mit einer höheren Verdunstung im Zusammenhang steht.

Dem gegenüber erkennt man am Verlauf der Jahresmittelwerte des Durchflusses seit 1900 keinen Trend. Das im Bild 2 dargestellte gleitende Mittel über neun Jahre, macht deutlich, dass auf eine gewisse Anzahl feuchter Jahre, immer wieder abflussschwächere Jahre folgen. Die visuelle Betrachtung der Ganglinie der Jahresmittelwert zeigt auch, dass sich die Varianz der einzelnen Jahre etwas reduziert hat.

Das Mittel des Durchflusses an sieben aufeinander folgenden Tagen, ein aussagekräftiger Niederwasserkennwert.

Als robuste und zuverlässige Kenngröße für das Niederwasser wird häufig in der Literatur das NMQ7d – das niedrigste arithmetische Mittel des Durchflusses an sieben aufeinander folgenden Tagen – verwendet. Ermittelt man nun mit dem für 115 Jahre (1900 bis 2015) vorliegenden Datensatz der Tagesmittelwerte des Durchflusses an der Donau beim Pegel Kienstock in der Wachau, für jedes Jahr den kleinsten NMQ7d – Wert ist kein signifikanter Trend festzustellen. Mit einer Ausnahme, nämlich im Jahr 2003, wurden die niedersten Abflusswerte ausschließlich während Winterniederwasserperioden beobachtet. Die Niederwasserperiode im Trockenjahr 2003 führte erstmals seit der Beobachtungsperiode zu einem niedereren Kennwert im Sommer als im Winter. Diese NMQ7d-Jahreswerte haben sich im letzten Jahrhundert zwar gering erhöht (Bild 3), ein signifikanter Wechsel im Anstieg ist nicht erkennbar.

Das Niederwasserphänomen hat sich vor allem im Sommer ausgeprägt.

Im Gegensatz zum Verlauf der trendfreien, jährlich niedersten MQ7d Werte, zeigen die saisonal niedersten MQ7d-Werte an der Donau im Sommer seit Mitte der 1970er Jahre eine deutliche Abnahme. Von 1900 bis 1980 schwankten die Sommerniederwasserwerte ohne Trend um einen Mittelwert von 1500 m³/s. Erst in den letzten 35 Jahren (1980 bis 2015) ist eine Änderung in der Trendgeraden erkennbar, die auch statistisch signifikant ist und eine Abnahme von circa 320 m³/s (pro Jahr minus 8,6 m³/s) bedeutet. Das sind circa 20 Prozent des NMQ7dSommer – Mittelwertes der Periode 1900 bis 1980 (Bild 4).

Da im Donaueinzugsgebiet die Niederschlagssumme im Sommer nicht in diesem Ausmaß abgenommen hat, liegt der Schluss nahe, dass dieser Rückgang mit der durch den Klimawandel angetriebenen Erhöhung der Lufttemperatur im Zusammenhang steht. Die Gegenüberstellung der Zeitreihe der Lufttemperatur im Sommer an der Klimastation St. Pölten (ZAMGHISTALP) mit den NMQ7d – Sommerwerten, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die verstärkte Verdunstung, den Niederwasserabfluss im Sommer beeinflusst hat (Bild 5).