Karpfen

Karpfen
Foto: Florian Kainz/ArchivAqua

Traditionelle Zucht und Abfischung von Karpfen in naturnahen Teichen in Österreich.

Registernummer: 235

Offenlegungsdatum

Die Karpfenzucht kann in Österreich bis ins Mittelalter rückverfolgt werden als Klöster mit der Anlage von Teichen begannen.

Titel

Karpfen

Kurzdarstellung oder Behauptung

Die Karpfenteichwirtschaft hat eine jahrhundertelange Tradition in Österreich. Sie ist eine extensive, naturnahe und nachhaltige Form der Fischproduktion. Die angepassten Besatzdichten und die Kombination von Naturnahrung und Getreidezufütterung sorgen für eine ausgezeichnete Fleischqualität und einen geringen Fettgehalt. Neben der Fischproduktion spielen Teiche eine wichtige Rolle als Elemente der Kulturlandschaft, mit einer großen Bedeutung für die Biodiversität und den Tourismus.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Karpfen, Fische

Name der Region

Niederösterreich, Steiermark, Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Keine Angabe

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Keine Angabe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Schon die Römer schätzten den Karpfen als Speisefisch. Sie werden die Fische wohl auch gehältert haben und da Karpfen sehr robust sind, eigneten sie sich auch für längere Transporte quer durch das Imperium. Ob die römischen Feinschmecker jedoch so etwas wie eine systematische Karpfenzucht betrieben haben, ist nicht gesichert.

Der Beginn einer Teichwirtschaft in Europa ist wohl mit dem frühen Mittelalter anzusetzen. Wobei sich die Form der Teichwirtschaft mit verschiedenen Teichtypen und Techniken erst allmählich entwickelt hat. Mit den Klöstern und adligen Großgrundbesitzern verbreitete sich die Teichwirtschaft über ganz Europa und nahm allmählich die strukturierte Form an, wie wir sie heute kennen. In dieser Zeit wurde auch die Grundlage für die vielen verschiedenen Zuchtformen gelegt.

Die Karpfenteichwirtschaft in Österreich lässt sich vermutlich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen und war in den letzten Jahrhunderten einem stetigen Auf und Ab unterworfen. Ihre Blütezeit war im 16. Jahrhundert, danach setzte eine Phase des Niedergangs ein. Mitte des 20. Jahrhunderts war die Teichwirtschaft nahezu völlig zusammengebrochen und wurde aber erfolgreich wiederaufgebaut. Durch wesentliche Verbesserungen in der Teichbewirtschaftung wurde die Folgezeit zum sogenannten „Goldenen Zeitalter“ der Teichwirtschaft. Seit dem EU-Beitritt Österreichs muss sich die österreichische Karpfenproduktion auf einem internationalen Markt behaupten und steht vor neuen Herausforderungen. In den letzten 10 Jahren hat sich die Produktion von Speisekarpfen kaum verändert und liegt relativ stabil bei 600 bis 650 Tonnen/Jahr.

Gebiet/Region:

Grundsätzlich wird in vielen Gegenden Österreichs Karpfenzucht betrieben. Die Zentren der Österreichischen Karpfenteichwirtschaft sind das Niederösterreichische Waldviertel (circa 1700 Hektar Teichfläche), die Oststeiermark und die Süd- und Weststeiermark (circa 1000 Hektar). Weitere 200 ha verteilen sich auf die Bundesländer Burgenland, Kärnten, Salzburg und Oberösterreich.

Lebensraum:

Karpfen bevorzugen warme, langsam fließende beziehungsweise stehende Gewässer mit weichem Grund und Pflanzenwuchs, wie eben Teiche.

Der Teich ist ein künstlicher Lebensraum für Karpfen. Es handelt sich um ein, durch einen Damm angelegtes, seichtes Gewässer, das zur Ernte der Karpfen (Abfischung) vollständig ablassbar ist. Das Wasser zur Teichbefüllung stammt entweder aus Flüssen und Bächen oder nur aus dem Niederschlag im Einzugsgebiet des Teiches (Himmelsteiche). Letztere sind vor alle im Waldviertel zu finden.

Teiche wurden nicht immer ausschließlich zum Zweck der Fischzucht angelegt, sondern konnten auch anderen oder mehreren Zwecken dienen. Üblich war zum Beispiel die Nutzung der Wasserkraft von Mühlteichen. Teiche können sehr alt sein. Manche Teiche sind seit nachweislich 500 Jahren in Betrieb und bei Bauarbeiten an Teichen kommen immer wieder die ursprünglichen Ablaufrohre zum Vorschein. Eines dieser aus einer Baustelle geborgenen Rohre wurde aus einer Tanne gefertigt, die im Jahr 1638 gefällt wurde.

Vor allem diese alten Teiche sind mit ihren Uferbereichen (Verlandungszone) derart gut in die Landschaft integriert, dass man meinen könnte, es handelt sich um natürliche Gewässer. Teiche prägen die Kulturlandschaft und spielen eine wichtige Rolle für die Biodiversität, da sie wichtige Lebensräume für Organismen darstellen, die in einer entwässerten, strukturarmen Landschaft kaum mehr geeignete Habitate finden. Daneben nimmt die sozioökonomische Bedeutung der Teiche zu (Tourismus und Erholung).

Karpfen:

Der Karpfen, sein wissenschaftlicher Name lautet Cyprinus carpio, gehört zur Familie der

Karpfenartigen (Cyprinidae), die über 1.300 Arten umfasst. Heute ist der Karpfen nahezu weltweit verbreitet und spielt eine bedeutende Rolle in der weltweiten Aquakultur. Der Karpfen benötigt Temperaturen von deutlich über 20 Grad Celsius um Futter gut verwerten zu können und rasch zu wachsen.

Er ist 30 bis 50 Zentimeter, maximal über 1 Meter groß und wiegt maximal über 30 Kilogramm. Seine Nahrung sind Kleinkrebsen des Planktons (Zooplankton) sowie von Würmern Insektenlarven und anderen Kleinlebewesen (Zoobenthos). In der Laichzeit zwischen Mai und Juni, ab einer Wassertemperatur von 18–20 Grad Celsius können bis zu 20.000 klebrige Eier an Wasserpflanzen abgelegt werden. Laichreif ist der Karpfen mit 3–4 Jahren. Die Marktgröße für Speisekarpfen in Österreich liegt derzeit bei 2–2,5 Kilogramm. Es gibt ein ausgefeiltes Bewirtschaftungssystem mit Sortierung in Altersklassen und verschiedenen Teichtypen.

Es treten mehrere Beschuppungsformen auf, von denen der Schuppenkarpfen (vollständiges Schuppenkleid, ursprüngliche Form) und der Spiegelkarpfen (i.d.R. eine Reihe von Schuppen am Rücken vom Kopf bis zum Schwanz, einzelne Schuppen bei den Flossen) die größte Bedeutung in der Teichwirtschaft haben. Die Körperform variiert ebenfalls sehr stark. Es gibt lang gestreckt Karpfen, die der Wildform gleichen sowie sehr hochrückige Varianten die gedrungen wirken. Gemeinsam sind allen die zwei Paar Bartfäden seitlich am zahnlosen Maul. Neben den unpaaren Flossen (Rücken- Schwanz und Afterflosse) verfügen Karpfen über zwei Flossenpaare (Brust- und Bauchflossen). Der erste Flossenstrahl ist jeweils als Hartstrahl ausgebildet.

Der Ursprung des Karpfens dürfte wohl in Asien zu finden sein. Heute geht man davon aus, dass es beim Karpfen zwei große Gruppen gibt, eine eurasische und eine ostasiatische die sich genetisch unterscheiden lassen. Die ursprüngliche Verbreitungsgrenze der eurasischen Gruppe dürfte die March und die Donau unterhalb von Wien sein. Jedenfalls ist die eurasische Gruppe der Ausgangspunkt für die europäischen Zuchtkarpfen. Was den Status des „Wildkarpfens“ in Österreich angeht, so erscheint es fraglich, ob sich angesichts der langen Geschichte der Zucht, reine Wildkarpfenbestände bis heute gehalten haben. Die Einschätzung, dass immer wieder Vermischungen mit entkommenen oder besetzten Karpfen stattfanden, ist wohl nicht aus der Luft gegriffen. Auch könnten Zuchtkarpfen wieder verwildert sein. Leider gibt es bisher keine wirklich guten und aussagekräftigen Untersuchungen dazu.

Erzeugungsverfahren:

Karpfen werden in Österreich in naturnaher extensive Teichwirtschaft herangezogen. Darunter versteht man die Aufzucht der Karpfen in künstlich angelegten, naturnahen Teichen, mit angepassten Besatzdichten und unter der Nutzung der in den Teichen vorhandenen Naturnahrung sowie der Zufütterung mit Getreide.

Paarung und Fortpflanzung:

Die Männchen werden gegen Ende des dritten, die Weibchen im dritten oder vierten Lebensjahr geschlechtsreif. Karpfen laichen zwischen Ende Mai und Anfang Juni, abhängig von der Wassertemperatur die 18 bis 20 °C betragen muss.

Abhängig von Größe und Alter gibt das Weibchen (Rogner) circa 1,5 Millionen Eier ab, welche an Unterwasserpflanzen oder überschwemmten Gras kleben und vom Männchen (Milchner) befruchtet werden. Karpfen betreiben keine Brutpflege.

Das Schlüpfen erfolgt normalerweise nach drei bis fünf Tagen, abhängig von der Wassertemperatur. Die Jungen ernähren sich für einige Tage von ihrem Dottersack. Bevor dieser aufgebraucht ist, füllt die Fischbrut ihre Schwimmblase mit Luft. Danach ernährt sie sich von kleinstem Zooplankton.

Bei der natürlichen Vermehrung laichen die Elterntiere in sog. Laichteichen unter natürlichen Bedingungen ab. Die Fischbrut wird dann aus dem Laichteich gekeschert und in andere Teiche verbracht wo sie weiter heranwächst.

Bei der künstlichen Vermehrung werden die Fische in Becken mit warmem Wasser gehalten und das Laichgeschäft durch die Stimulierung mit der Hypophyse von Schlachtfischen angeregt. Die Geschlechtsprodukte werden von den Elterntieren gewonnen und die Brut in sog. Zugergläsern aufgezogen, bevor sie in die Teiche kommen.

Haltung und Zucht:

Der Karpfen wird in Einzelkultur als auch in Polykultur gemeinsam etwa mit Schleien, Zandern, Hechten, Barschen und verschiedenen Weißfischen (Rotauge, Rotfedern,...) gezüchtet.

In unserem Klimabereich wachsen Karpfen nur in der warmen Jahreszeit, weshalb ihr Alter mit dem Ausdruck ein-, zwei-, drei- oder viersömmrig entsprechend der erlebten Sommern angegeben wird. Die Steiermark ist im Gegensatz zum Waldviertel durch milderes Klima begünstigt, was sich positiv auf das Wachstum der Fische auswirkt. So erreichen Karpfen in der Steiermark schon nach zwei bis drei Jahren die Speisereife, während sie im kühleren Waldviertel dazu drei, bei ungünstigen Witterungsverhältnissen sogar vier Jahre benötigen.

Karpfenteiche werden meist nach ihrer Funktion eingeteilt, da mehrere Altersstufen von Karpfen in getrennter Abfolge am Betrieb gehalten werden. Entsprechend werden Laich-, Vorstreck-, Streck- und Abwachsteiche unterschieden. Laichteiche sind relativ kleine, flache Teiche die der natürlichen Vermehrung der Karpfen dienen. Einige Tage nach dem Schlüpfen wird die Brut in sogenannte Vorstreckteiche umgesetzt. Die Brütlinge verweilen dort etwa 6 Wochen, in denen sie eine Länge von 3 bis 5 Zentimeter erreichen. Danach wird die Brut wieder abgefischt und in Streckteiche überführt, die der Aufzucht der ein-, zwei- oder dreisömmrigen Karpfen dienen. Ihren letzten Sommer verbringen die Karpfen in Abwachsteichen (großflächige Teiche), wo sie zu Speisekarpfen heranwachsen. Die Winter verbringen die Karpfen in Winterteichen, das sind Teiche die für eine sichere Überwinterung geeignet sind. Oft erfüllt ein Teich mehrere Funktionen. Streckteiche können Beispielsweise auch als Winterteiche dienen. Nach dem Abfischen im Herbst werden die Fische in Hälterteichen/Hälteranlagen aufbewahrt. Hier werden die Fische nach Art und Größe sortiert und für einen weiteren Besatz oder Verkauf bereitgehalten. Nicht alle Betriebe verfügen jedoch über die gesamte Vielfalt an Teichtypen. Betriebe die beispielsweise Besatzfische zu kaufen bewirtschaften oftmals nur Abwachsteiche.

Die Haupternte der Karpfen erfolgt im Herbst, durch das sog. Abfischen. Die Teiche werden dazu fast vollständig entleert (abgelassen) sodass die Fische mit Netzen und Keschern aus der, mit Wasser gefüllten, Fischgrube entnommen werden können. Nach einer ersten Sortierung erfolgt der unmittelbare Transport in wassergefüllten und mit Sauerstoff versorgten Behältern zu den Hälterteichen. Ein zweites Abfischen findet im Frühjahr statt, wenn die Winterteiche abgefischt werden, um die überwinterten Karpfen auf andere Teiche zu verteilen.

Nahrungsaufnahme und Fütterung:

Karpfen ernähren sich hauptsächlich von den im Gewässer lebenden Organismen. Das sind zum einen Lebewesen des freien Wassers (Zooplankton), vor allem Kleinkrebse und Lebewesen am und im Boden der Teiche (Würmer, Insektenlarven, Weichtiere...)

In der Teichwirtschaft werden die Fische zusätzlich gefüttert, i.d.R. mit Getreide wie Roggen, Gerste, Weizen, aber auch mit Leguminosen. Industrielle Mischfuttermittel (Fertigfutter) kommt nur in Ausnahmefällen zum Einsatz, etwa bei der Karpfenbrut oder, um den Karpfen im Frühjahr einen Energieschub nach der anstrengenden Überwinterung zu geben.

Eine ausgewogene Kombination von Naturnahrung und Zufütterung mit Getreide sorgt für eine gute Fleischqualität und einen niedrigen Fettgehalt. Der durchschnittliche Fettgehalt von Karpfenfleisch liegt in Österreich bei circa 5 Prozent.

Verarbeitung und Verpackung:

Die Karpfen werden zerteilt oder filetiert und verzehrsfertig gemacht. Das Fleisch wird in Kunststofffolien verpackt oder vakuumverpackt. Die Karpfen werden auch im Ganzen, sowohl lebendig als auch geschlachtet, verkauft.

Fleisch und Geschmack:

Das Fleisch der Zucht- oder Hybridkarpfen ist weiß bis zartrosa. Es ist fest und zart zugleich, hat einen exzellenten Geschmack und ein besonderes Aroma.

Ernährung:

Das Fleisch der Karpfen ist reich an hochwertigem Eiweiß, cholesterinneutral und hat eine günstige Fettsäurezusammensetzung.

Vermarktung:

Karpfen sind das ganze Jahr über erhältlich. Die beste Qualität haben die Fische jedoch im Herbst nach dem Abfischen.

Die Karpfen werden entweder als Speisefische oder als Besatzfische für andere Teiche verkauft.

Karpfen werden direkt, im Groß- und Einzelhandel und in der Gastronomie verkauft.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Besondere Boden-, Klima-, Wasserhaushalt- und Geländeverhältnisse in Österreich bieten optimale Bedingungen für die Karpfenzucht.
  • Dank dieser naturnahen Haltung können Karpfen mit spezifischen Eigenschaften erzeugt werden. Das Fleisch besitzt ein einzigartiges Aroma und einen einzigartigen Geschmack, die in direkter Beziehung zur aufgenommenen Nahrung und der Teichwirtschaft stehen.
  • Die extensive, ökologisch orientierte Haltung von Karpfen trägt zur Bewahrung einer charakteristischen Kulturlandschaft der Region bei.
  • Die Produktion von Karpfen ist ein Handwerk das stark auf traditionellem Wissens beruht, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Verwertung:

Die Zubereitungsarten von Karpfen sind vielfältig: geräuchert, eingelegt, gebraten, gebacken, pochiert, blau, als Pastete oder als Suppe et cetera und sind teilweise seit Generationen überliefert.

Gebackener Karpfen ist in Österreich und anderen Teilen von Mittel- und Osteuropa ein traditionelles Essen am Heiligen Abend.

Weitere klassische Zubereitungsarten sind Wurzelkarpfen (mit Wurzelwerk und anderen Gewürzen gekocht), „Schwarzfisch“ beziehungsweise Böhmischer Karpfen (eine süß-saure Zubereitungsart mit Bier oder Wein, Kapern, Dörrzwetschken, Lebkuchen und Gewürzen) und Fischbeuschelsuppe (eine vor allem in Wien bekannte und beliebte feine Brühe aus Karpfeninnereien, die traditionell mit Petersilie und gerösteten Semmelwürfeln angerichtet wird). Seit einigen Jahren findet auch der „Serbische Karpfen“ großen Anklang.

Schutz:

„Waldviertler Karpfen“ ist seit 1999 eine geschützte Marke (Österreichisches Patentamt)

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Steiermark, Niederösterreich, Region, Waldviertel, Steirisches Teichland, Fisch, Karpfen, Cyprinus carpio

Bibliographie/Referenzen

Die letzte Änderung aller Internetreferenzen erfolgte am 20.12.2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Keine Angabe

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus, Mag.a Doris Reinthaler überarbeitet von Dr. Christian Bauer BAW

Karpfenteichwirtschaft in Österreich 2021