Der aktuelle OECD-FAO Agricultural Outlook 2023–2032 in Zeiten anhaltender Unsicherheiten

Vorstellung des OECD-FAO Agricultural Outlook
Foto: ©FAO/Pier Paolo Cito

Der OECD-FAO Agricultural Outlook 2023–2032 analysiert die Aussichten für die Entwicklung an den nationalen, regionalen und globalen Märkten für Agrar- und Fischereierzeugnisse in den nächsten zehn Jahren in einem Umfeld anhaltender wirtschaftlicher Risiken, Unsicherheiten und hoher Energiepreise.

Die Studie ist das Ergebnis einer Kooperation der OECD und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Die weltweite Agrar- und Nahrungsmittelproduktion wird den Prognosen zufolge in den nächsten zehn Jahren weiter zunehmen, allerdings aufgrund der demografischen Entwicklung langsamer als im letzten Jahrzehnt.

Während die Unsicherheit aufgrund geopolitischer Spannungen, ungünstiger Klimatrends, Tier- und Pflanzenkrankheiten und erhöhter Preisvolatilität bei wichtigen landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zugenommen hat, wird für die weltweite Produktion von Feldfrüchten, tierischen Erzeugnissen und Fisch in diesem Zeitraum eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 1,1 Prozent prognostiziert, was der Hälfte des 2015 verzeichneten Tempos entspricht. Dieses Wachstum wird überwiegend in Ländern der mittleren und unteren Einkommensgruppe stattfinden, da sich der Zugang zu landwirtschaftlichen Vorleistungen verbessert. Sollten die Preise für Energie und andere Betriebsmittel, unter anderem Düngemittel, jedoch wieder anziehen, würden sich die Produktionskosten erhöhen, was wiederum die Nahrungsmittelpreise steigern und die Ernährungsunsicherheit verschärfen könnte.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine erhöht nach wie vor die Unsicherheit über die Entwicklung der Nahrungsmittel-, Energie- und Inputpreise. Zu Kriegsbeginn hatte die geringere Verfügbarkeit von Getreide und Düngemitteln an den globalen Märkten große Besorgnis ausgelöst. Seither ist über ein Jahr vergangen und die Angebotsengpässe haben sich dank der Durchsetzung und der anschließenden Verlängerung des Schwarzmeerabkommens über die Ausfuhr von Getreide verringert.

Der globale Nahrungsmittelkonsum dürfte in den nächsten zehn Jahren um 1,3 Prozent pro Jahr steigen. Diese im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren niedrigere Wachstumsrate erklärt sich aus der voraussichtlichen Verlangsamung des Bevölkerungswachstums und des Wachstums des Pro-Kopf-Einkommens.

Die Frage der Ernährungssicherheit wird auch im nächsten Jahrzehnt ganz oben auf der Tagesordnung stehen, insbesondere da die Preise für Betriebsmittel steigen könnten. In einer speziellen Bewertung der wichtigsten landwirtschaftlichen Betriebsmittelpreise, die in den letzten zwei Jahren erheblich gestiegen sind, rechnet der Outlook vor, dass jeder 10-prozentige Anstieg der Düngemittelpreise zu einem 2-prozentigen Anstieg der Preise für Agrarerzeugnisse führt, wobei die Armen am stärksten belastet werden.

Der Outlook bietet Prognosen für die kommenden 10 Jahre für Getreide, pflanzliche Öle, Milchprodukte, Fleisch, Zucker, Fisch sowie Baumwolle, tropische Früchte, Hülsenfrüchte und die landwirtschaftliche Produktion für Biokraftstoffe. Er enthält auch Projektionen für die erwarteten regionalen Trends bei den Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft und enthält erstmals vorläufige Analysen zur Rolle von Lebensmittelverlusten und –abfällen (unter anderem Begriffs-Definitionen, globale Schätzungen und Treiber).

Wichtigste Erkenntnisse im Bereich agrarischer Rohstoffe

Der treibende Faktor für das globale Wachstum der pflanzlichen Erzeugung wird weniger eine Ausweitung der Anbauflächen, sondern vor allem eine höhere Produktivität sein. Dementsprechend sind Investitionen in die Steigerung der Ernteerträge und eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Betriebsführung von zentraler Bedeutung.

Ähnlich wie bei der pflanzlichen Erzeugung wird ein großer Teil des erwarteten jährlichen Wachstums bei tierischen und Fischereierzeugnissen durch Verbesserungen der Tierproduktivität aufgrund eines effizienteren Herdenmanagements und einer höheren Fütterungsintensität erzielt werden.

Rolle der globalen Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft

Es wird erwartet, dass die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft in den nächsten zehn Jahren um 7,6 Prozent ansteigen werden - das ist etwas weniger als die Hälfte des prognostizierten Produktionswachstums - was auf einen deutlichen Rückgang der Kohlenstoffintensität der landwirtschaftlichen Produktion hindeutet.

Auf den Tierhaltungssektor werden voraussichtlich 86 Prozent der erhöhten Emissionen entfallen.

Resilienter Agrarhandel

Der Agrarhandel wird den Prognosen zufolge in den nächsten zehn Jahren proportional zur Steigerung der Produktion wachsen. Obwohl die Corona Pandemie weltweit für Handelsstörungen sorgte, erwies sich der Handel mit Agrarprodukten als widerstandsfähig. Russlands Krieg gegen die Ukraine hatte allerdings merkliche Auswirkungen auf den Handel mit Agrarerzeugnissen, insbesondere auf Agrarexporte aus der Ukraine, sowie auf die Preise für diese Produkte. Das im Juli 2022 vereinbarte Schwarzmeer-Getreideabkommen und die Solidaritätskorridore zwischen der Europäischen Union und der Ukraine halfen jedoch, den Handel wieder in Gang zu bringen und so die globale Ernährungssicherheit zu verbessern. Die Analyse macht deutlich, wie wichtig ein gut funktionierendes, transparentes und regelbasiertes multilaterales Handelssystem ist. Exportverbote verschärfen lediglich den negativen Effekt von Preisunsicherheiten und treiben die Preise in die Höhe. Dies wirkt sich auf kurze Sicht negativ auf die globale Ernährungssicherheit (und auf die Existenzgrundlagen der Menschen) aus und verringert zudem auf lange Sicht die Angebotskapazitäten.