Landwirtschaft Köstinger stellt Eiweiß-Strategie vor: "Soja-Importe bis 2030 um die Hälfte reduzieren"

Österreich bereits jetzt fünftgrößter Soja-Produzent Europas: Steigerung der Eigenversorgung stärkt Landwirtschaft und schützt das Klima

Eiweiß ist ein unersetzbares Element in der menschlichen Ernährung und in der Tierfütterung. Österreich ist bei der Eigenversorgung mit pflanzlichem Eiweiß aus Soja-Anbau bereits gut unterwegs. Um die Abhängigkeit von Importen weiter zu reduzieren, wurde auf Initiative von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger eine Österreichische Eiweiß-Strategie erarbeitet. Im Rahmen eines Gipfels mit Vertretern aus Landwirtschaft und Politik wurde die Strategie vorgestellt und Maßnahmen diskutiert. Im Anschluss stellte Landwirtwirtschaftsministerin Köstinger die Ergebnisse gemeinsam mit Landwirtschaftskammer Präsident Josef Moosbrugger und Matthias Krön, Obmann Donau Soja, vor. "Die heimischen Sojabohnen sind eine Erfolgsgeschichte. Österreich ist fünftgrößter Soja-Produzent in der EU, seit 2010 haben wir die Anbauflächen mehr als verdoppelt. Unser Ziel ist, die heimische Soja-Produktion weiter auszubauen und die Importe bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. Dabei geht es einerseits um die Eigenversorgung, andererseits natürlich auch um den Klimaschutz. Denn der regionale Anbau von Eiweißpflanzen trägt zur Ernährungssicherung bei, verringert den Importbedarf und schützt das Klima", so Köstinger. "Weniger Importe von Soja aus Südamerika bedeuten Schutz der Regenwälder und weniger Raubbau an Natur und Umwelt."

"Unsere Eiweiß-Strategie ist der Weg zu diesem ambitionierten Ziel. Entscheidend sind aber nicht nur treffsichere Maßnahmen, sondern auch die Konsumentinnen und Konsumenten. Dazu kann jede und jeder Einzelne seinen Beitrag leisten, indem wir auf Produkte mit heimischem Soja setzen. Die verstärkte Unabhängigkeit von Soja-Importen ist daher eine der wichtigsten Zukunftsfragen der kleinstrukturierten Landwirtschaft. Für den Anbau wie auch für die Fütterung werden wir in der zukünftigen Gemeinsamen EU-Agrarpolitik noch stärkere Anreize setzen", betont Köstinger, die sich gleichzeitig auch ein klares Bekenntnis vom Handel für heimisches Soja und heimische Futtermittel erwartet: "Eines muss aber auch klar sein: Wer glaubt, dass importierte Bodenhaltungseier aus Deutschland um 1,30 Euro für 10 Eier nachhaltig oder gentechnikfrei hergestellt werden, der täuscht sich. Es ist ein Sündenfall des Handels, dass erstmals seit 10 Jahren wieder solche Eier in Österreichs Regalen liegen. Dafür fehlt mir jedes Verständnis! Mit solchen Schleuderaktionen werden wir unsere Ziele sicher nicht erreichen!"

Die österreichische Eigenversorgung mit pflanzlichem Eiweiß für die Fütterung liegt bei über 80 Prozent. Im Sojaanbau ist Österreich auf der Überholspur: Seit 2010 wurde die Anbaufläche mehr als verdoppelt – heuer bereits mehr als 75.000 Hektar. Erfreulich ist auch der hohe Bioanteil von fast 40 Prozent. 2019 und 2020 betrug die Erntemenge mehr als 200.000 Tonnen Sojabohnen. In Österreich ist der Anbau zur Gänze gentechnikfrei. 50 Prozent der österreichischen Sojaproduktion werden für die direkte menschliche Ernährung verwendet. Dennoch ist Österreich von Importen abhängig - rund 500.000 Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot pro Jahr. Zudem sind die Preise für heimisches und europäisches (GVO-freies) Soja bzw. Eiweißfuttermittel enorm gestiegen. Entscheidend sind daher auch Konsumenten, die bereit sind die Mehrkosten für Produkte mit heimischem oder europäischen Eiweiß zu tragen. Die Kosten können und sollen nicht alleine von den Landwirtinnen und Landwirten oder der öffentlichen Hand getragen werden, sondern müssen mittel- bis langfristig vom Markt abgegolten werden.

Die erarbeitete Eiweiß-Strategie enthält drei Schwerpunkte: Zum einen, die Steigerung der Anbauflächen und damit die Forcierung des Anbaus von heimischen Eiweißfuttermitteln. Zum anderen, die Reduktion von Eiweiß in der Fütterung. Wenn es gelingt weniger Eiweiß in der Fütterung einzusetzen, so bedeutet das weniger Sojabedarf, weniger Stickstoff im Wirtschaftsdünger, weniger Belastung des Grundwassers, weniger Ammoniak-Emissionen und damit auch erheblich weniger Geruch. Dafür gibt es eine eigene ÖPUL-Maßnahme als Prämien-Option zur Anwendung einer stark eiweißreduzierten Fütterung. Der dritte Schwerpunkt betrifft den Aufbau der Absatzmärkte und die dauerhafte Abgeltung der Mehrkosten für europäisches Eiweiß durch die Marktteilnehmer bzw. Konsumentinnen und Konsumenten. So sollen beim AMA-Gütesiegel die Bereiche mehr Tierwohl und nachhaltige europäische Eiweiß-Futtermittel miteinander verknüpft werden.

Moosbrugger: Vorreiterrolle bei Soja weiter ausbauen

"Österreich kann seinen Bedarf an pflanzlichem Eiweiß vor allem dank seines wertvollen Grünlands zu über 80 Prozent aus der eigenen Produktion decken. Bei Soja sind wir, was den Ackerflächenanteil betrifft, sogar Europameister und wollen diese Vorreiterrolle weiter ausbauen. Das Ziel einer möglichst autonomen Eiweißversorgung tragen wir auch gerne mit, wenn die Rahmenbedingungen passen", verstärkt auch der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger. "Ein verstärkter Eiweißpflanzenanbau kommt nicht nur Ernährungssicherung, Wertschöpfung, Arbeitsmarkt und Klimaschutz zu Gute, sondern wirkt sich auch positiv auf die landwirtschaftlichen Grundlagen aus. Eiweißpflanzen erweitern Fruchtfolgen, sparen durch ihre Fähigkeit zur Stickstoffbindung Düngemittel ein, verbessern Bodenfruchtbarkeit und vermindern Erosion. Sie sind somit wahre Multitalente der Pflanzenwelt, von denen wir verstärkt profitieren sollten. Als Landwirtschaftskammer setzen wir im Bildungs- und Beratungsbereich bereits einen großen Schwerpunkt in diesem Bereich. Und es war uns sehr wichtig, unser Knowhow in die Eiweißstrategieentwicklung einzubringen. Wir bedanken uns bei Ministerin Köstinger für diese wertvolle Initiative, konkrete Chancen und Handlungsfelder herauszuarbeiten und den Sektor somit voranzubringen. Der Ausbau der Eigenversorgung ist außerdem wichtig, um den extremen Preisvolatilitäten am Markt etwas entgegenzusetzen und dadurch Planbarkeit und Verlässlichkeit für unsere Betriebe zu erhöhen."

Krön: Bewusstseinsbildung für heimische Qualitätseiweißproduktion

"Österreich hat durch die gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Verarbeitungswirtschaft und Politik beim Sojaanbau in Europa eine Vorreiterrolle eingenommen. Und wir sind stolz darauf, dass diese Erfolgsgeschichte auch unmittelbar mit dem Namen Donau Soja in Verbindung gebracht wird. Gleichzeitig müssen wir aber heute handeln, um morgen weiter erfolgreich zu sein. Daher gilt es, bestehende Partnerschaften im Sinne der gesamten Wertschöpfungskette auszubauen und neue zu entwickeln. Außerdem sollte die Bewusstseinsbildung für die Vorteile der heimischen Qualitätseiweißproduktion verstärkt werden", so Matthias Krön, Obmann Donau Soja. "Wir begrüßen das Ziel der österreichischen Eiweiß-Strategie, die Sojaimporte, die zumeist nicht den hohen heimischen Produktionsstandards entsprechen, bis 2030 mit einer Vielzahl an Maßnahmen zu halbieren. Donau Soja tritt dafür ein, dass die verbleibenden Importe nach Österreich in Zukunft zumindest nach den gleichen Anforderungen hergestellt werden, die für die heimischen Landwirte gelten. Das würde Fairness, Marke Österreich, Fruchtfolge, Klimaschutz, Artenvielfalt und europäische Wirtschaft stärken und Regenwälder und Naturflächen in Südamerika vor weiteren, klimaschädlichen Brandrodungen schützen. Nach wie vor wird ein Teil des heimischen Qualitätssojas exportiert, während für Futtermittel, insbesondere im Bereich Schweinemast, Gentechnik-Soja aus Südamerika importiert wird. Auch im Masthühnerbereich sollte kein Regenwald-Soja, sondern österreichisches oder regionales, europäisches und zertifiziertes Soja verfüttert werden. Unter Einbindung aller Akteure der Wertschöpfungskette und mit der heute vorgestellten Eiweiß-Strategie als Grundlage können wir Schritt für Schritt die Umstellung auf nachhaltige Eiweißfuttermittel, zukünftig noch deutlich verstärkt aus heimischer Produktion, erreichen. Die Mehrkosten müssen selbstverständlich von allen Gliedern der Wertschöpfungskette fair abgegolten werden, damit dieses System nachhaltig funktioniert."